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96 S5 führunq von Tage- oder Wochenarbeit, selbst in grö ßeren Städten, nur gewinnen kann, sobald man er wägt, welcher Mißbrauch von Seiten der Meister mit der Stückarbeit, >e«p. mit den Arbeitern, getrieben wird. Haben wir doch Beispiele in Menge, daß na mentlich diejenigen Meister, welche gern als sogenannte „große" erscheinen möchten, oft mehr als doppelt soviel Gesellen anuehmen, wie sie zu beschäftigen im Stande sind, ganz abgesehen von dem Zeit- und folg lich Geldverluste, welcher dem Arbeiter dadurch er wächst, daß er oft stundenlaug warten muß, ehe er ein neues Stück Arbeit oder auch die nöthigen Zutha- ten erhält, was bei denjenigen Meistern, welche gern recht viele Gesellen halten möchten, nicht selten gar absichtlich geschieht, weil diese Herren nichts dabei einbüßen und weder Lohn noch Kost geben dürfen, während der sogenannte „Stückgeselle" feiern muß. Wenn wir oben bemerkten, die Arbeit müsse bes ser verthcilt werden, so wollen wir zunächst damit sa gen, daß die Hände gleichmäßiger beschäftigt werden sollten, daß nicht z. B. bei den Berliner Kleiderhänd lern ein Arbeiter täglich 3 Paar Beinkleider anfertigen muß, um soviel zu verdienen, als ein Anderer für ein einziges Paar erhält. Daß wir hiermit nicht sagen wollen, die ordinäre Arbeit der Händler solle ebenso bezahlt werden, als die bestellte und feinere der wirk lichen Meister, dies haben wir schon im vorhergehenden Satze dadurch angedeutet, daß wir wenigstens zwei verschiedene Lohnsätze je nach der Qualität der Arbeit beantragten. Diese Regel würde für den größten Theil der verschiedenen Gewerbe anwendbar sein. — Wenn wir angemessene und reelle Bezahlung derjenige» Ar beiter wünschen, welche ihren Unterhalt bei den Händ lern zu suchen genöthigt sind, so ist dies zwar ein An trag auf Lohnerhöhung, jedoch keineswegs mit denje nigen Forderungen zu verwechseln, welche hier und da von den sämmtlichcu Gesellen einer Corporation an ihre größteuthcils rechtlichen Meister gestellt werden und wenigstens bei jetziger Stockung der Geschäfte un gerecht sind. Müßten jedoch die Magazin-Inhaber ibre Leute besser bezahlen, so hätten letztere nicht nöthrg, durch die größte Anstrengung ihrer physischen Kräfte so viele Arbeit zu liefern, als eigentlich zur Beschäftigung von T und mehe Arbeitern ausreichend ist. Durch Abstellung dieses Uebelstandes würde offenbar nicht nur dieArbeitslosigkeit vermindert und aus dauerndere Beschäftigung erzielt, sondern auch die Production mit der Consumtion besser in'S Gleichgewicht gebracht. Da aber eine derartige Verbesserung der Lage des Arbeiters auf moralischem Wege meist an der Hart herzigkeit und dem Eigennutze der obeubezeichneten Ar beitgeber scheitern würde, auch wohl ein bloßes Gesetz über Erböhung der verschiedenen Arbeitslöhne, selbst unter Beiziehung der betreffenden Jnnungsvorsteher, kaum ausführbar sein dürfte, so besteht das einzige und zwar einfache und sichere Mittel darin, daß 1) „dieGewerbfreiheit, wo sie besteht, abgeschafft, da für aber durch ganz Deutschland gleichmäßige In nungen nach zeitgemäßen Grundsätzen eingeführt und die Aufnahme in eine derartige Corporation nur volljährigen, zünftig gelernten und mit der nöthigen Geschaftskenntniß und Geschicklichkeit ver sehenen Handwerkern gestattet, und die letztgenann ten Eigenschaften durch ein angemessenes, nicht allzukostspieliges Meisterstück erprobt werden." 2) „Daß dem Gesellenstande am Besten eine gewisse Arbeitszeit auf Tagelohn festgesetzt werde, wo bei sowohl auf die mehr oder minder anstrengende Arbeit, als in Hinsicht der Bezahlung auf die Be dürfnisse des Arbeiters dem Orte angemessene Rück sicht genommen werden müßte. — Durch diese ver einten Maßregeln fällt die Ueberfüllung und der Verderb der Geschäfte, sowie der Druck des Arbei- terstandcs durch unberufene Spekulanten von selbst weg." — Zur Berathung der speciellen Interessen eines je den Gewerbes würde ein Comitö, bestehend aus meh reren Mitgliedern, sowohl des Meister- als Gesellen standes, zu erwählen sein, und das von diesen getrof fene Uebereinkommen, nach geschehener Begutachtung der Ortsbehörden, an die Regierung, behufs der Aus arbeitung eines Gesetzes, r«-->p. der Jnnungsartikel, gelangen müssen. Nur auf diese Weise kann eine Ei nigung der Partheien zur thunlichsten Befriedigung ei nes Jeden erzielt und das große Problem der Arbeit gelöst werden. Denn was kann es nützen, wenn z B dir Gesellen einzelner Städte P.tilionrn an die Innungen, Behörden oder an die Regierung selbst gelangen lassen, während in jeder Stadt andere Verhältnisse, andere Preise der Arbeit und der Lebensmittel rristirn, folglich eine jede Bewilligung der Regierungen «Heils nur E nzelne begünstigen, theils die Ar beitgeber beeinträchtig«n, ein hierauf begründetes allgemeines Gesetz aber für die meisten Orte nicht anwendbar sein würde. Erfreulich sind tzdvch die Anstalten, welche bereits von einigen Regierungen, namentlich in Sachsen, zur Verbesserung der Lage des Arbeilersiandes getroffen werden; obwohl zu befürchten steht,/ daß ohne gleichzeitige Zuziehung der Meister entweder Beide in Conslicl geraten, oder die etwaigen Reformen für die Arbeiter keineswegs befriedigend ausfallen dürften, denn dazu sind un sere Jnnungsgesetze theils zu mangelhaft, theils bieten sie dem Arbeiter nicht den mindesten Schutz, so daß wohl eine Radical- reform nicht -u umgehen sein dürfte. Daß übrigens die beste henden Jnnui^ gel tze sich längst überlebt haben, ist gewiß, und um so weniger dürfte gerade in unserer jetzigen Zeit eine Cor poration sich nach Gesetzen leiten lassen, dir oft vor länger als hundert Jahren gegeben wurden. (Fortsetzung in der nächsten Nummer.) Ausgegeben den 3l. Mai 1848. Modcbilder 2S — S1 und Parrvnentafel.