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Deutsche Gewerbczeirurisi. I sl.Ian. — (Ikiöy — iS.Febr. Die Wirkungen der Kreditpapiere in Dezug auf die Vermehrung der Danken in Deutschland. Von vr. Heinrich Bodemer. Obenstehendes ist der Titel einer Schrift in welcher der > Verfasser auf geistreiche, überzeugende Weise die Frage löst, wie die Kreditpapiere, d. h. geprägtes Metall vertretende Papiere, so zu sagen der ausgeprägte Kredit, auf die Erzeugung und Be wegung der Werthe wirken. Cr entwickelt zuerst den Unterschied zwischen dem Metallgelde und dem Papiergelde. Letzteres ist in allen Fällen ein schriftliches Versprechen, zu jeder Zeit oder zu gewisser vorher bestimmter Zeit Metallgeld dafür nach dem Nennwerth zu zahlen. Es har nur Werth in Folge dieses Verspre chens und der dem Besitzer innewohnenden Ueberzeugung, daß jenes Versprechen auch gehalten wird. Das Metallgeld aber ist, weil es aus einem werthvollen Metall erzeugt ist, wirklich und an sich der Werth dieses Metalls. Denn dieser ist kein blos überein- künftlicher, sondern ein in Folge der Gestehungskosten entstandener Werth. Bodemer sagt daher ganz richtig: „Daher ist die Redeweise, die das Geld ein Repräseniativ- zeichen der Werthe benennt, eine unrichtige, denn das Geld ist nicht das Zeichen der Sache, sondern die Sache selbst, es ist nicht ein idealer und beliebig dehnbarer Werthbegriff, sondern ein ohne die adäquate Gegenleistung nicht zu erwerbender Werth gegenstand und es bildet daher gleich jeder andern Waare eine» größer» oder geringer» Theil des Gesammtvermögens der Nazion. Aus der irrigen Vorstellung, das Gold- und Silbergeld sei ein konvenzionell eingeführtes Wertbzeichen, welches durch Ueberein- kommen oder nöthigenfalls durch Zwang aus jedem anderen Material hergestellt werden könne, sind die Münzverschlechterungen, die unbesonnenen Papieremisstonen und die kenntnißlose» und un heilvollen Finanzprojekte hervorgegangen, von denen die Staaten der ältesten Zeiten bis auf unsere Tage heimgesuchi worden sind. Die Lehre vom Gelbe ist ohne Zweifel eine schwierige, allein sie wird Demjenigen erleichtert, der die Ueberzeugung von dem wahren und wirklichen Werthe der edlen Metalle unter keinen Umstände» verläßt." Es könnte inzwischen wohl möglich sein, daß Gold und Silberim Preise sielen, wenn deren Erzeugungskosten geringer wür.den. Bis jetzt ist dazu aber keine Aussicht und selbst die großen neueren Fundorte von Gold in Australien und Kalifornien geben nicht so viel her und stemmen sich mit so viel Mühseligkeit und Gefahren der Ausbeutung entgegen, daß das Gold trotzdem nicht billiger wird, und es sich auch herausgestellt hat, daß im großen Durch schnitte uns unter Berücksichtigung des > nothwendigen Mehrver dienstes wegen schlimmer Wechselfälle die Goldgräber nicht mehr wenn nicht weniger verdienen, als die Eisenarbeiker in Frankreich und England. Der Verfasser entwickelt nun scharf sinnig die Ursachen der Entstehung der Werthpapiere und ihrer Wichtigkeit für den gesammten Verkehr. Er sagt: „Das Kapital deS Kredits trat mir überwiegender Macht dem Kapital des Geldes hinzu." Nun ist es allerdings wahr, daß man sich mit Papier Geld zu schaffen vermag, das man gemeinhin Kapital zu nennen Pflegt, und somit kann man sich auch durch Papier Kapital j schaffen. Aber zu einem wirklichen Kapital wird eS erst in Folge der Arbeit, von der das Geldkapiral die Rente erhält. Die Arbeit erschafft die Werthe, indem sie die Stoffe sich aneignel, sie um- wandelt, von einem Orte zum andern schafft, und sie wird dies zu thun ebensogut befähigt durch Kredit, also Versprechungen auf Papier, als durch Metallgeld. „Wenn die Theoretiker es bestreiten, daß ein Stück beschrie benes Papier einen wirklichen Werth haben und als eine wirk liche Kapitalvermehrung betrachtet werden könne, so liegt eine Verwechslung von Ursache und Wirkung dabei vor. Das Papier als solches ist allerdings ohne Werth, sofern aber die geschriebene Summe thatsächlich und unzweifelhaft in die gleiche Summe Gelves verwandelt werden kann, so hat das Papier den nämlichen, oft noch einen höher» Werth als ras Geld selbst, während es dem Produzenten oder Verkäufer gleichgültig ist, aus welchem Stoffe der Lohn oder Gegensatz für sein Erzeugnis; oder für seine Waare besteht, sofern vas Werthzeichen von Jedermann als ein vollgültiges angesehen wird." Unserer Auffassung des Kapitals nach ist ein Stück beschrie benes Papier zwar keine Kapilalvermehrung an sich, aber es wirkt auf die Vermehrung der Kapitale, ver nützlichen Dinge, hin, indem die Wiedererstattung des Geborgten durch eine inmittelst möglich gewordene Wertherzeugung besorgt wird. Große Anstalten der Vertretung des Metallgelves durch Papier, immer vorausgesetzt, daß letzteres, wieder auf Zeit für jenes einzutreten habe, sind die Banken, deren Hanptgeschichte, Schicksale, Mißgriffe kurz aber treffend geschildert werden. Der Verfasser entwickelt und erklärt die Erscheinungen, die Ursachen und Folgen von Papiergeld Zwangkurs, von Krisen. Er sagt dabei mit vollem Recht: „Während der Periode einer mit Zwangkurs begleiteten ungeregelten Papiergclowirtbschaft leiden fast alle Klaffen der Bevölkerung. Die Beamten des Staates, die Staatsgläubiger und überhaupt alle auf feste Geldzustände gegründete Ansprüche werden in einer entwerthetcn Valuta bezahlt. Die Arbeitslöhne und die nieder» Dienstverrichtungen steigen nicht im Preise, während die Bedürf nisse thenrer geworden sind. Alle Pacht- und Miethkontrakte, alle Kreditgeschäfte, alle Beziehungen und Versendungen von uns nach dem Auslande, alle Anerbietungen unter selbst nur kurzer Verbindlichkeit, mit einem Worte, jede mit nicht augenblicklicher Bezahlung verbundene Geschäftsverhandlung nimmt unwillkürlich, aber thatsächlich de» Karakter der Spekulazion auf die Kurs schwankung an, die nach und nach alle Stände ergreift und dem gesammten öffentlichen Verkehr eine unsichere und mehr oder we niger schwinvelhafte Richtung gibt. Die Industrie und die Land- wirthschaft werden vernachlässigt, alle Unternehmungen, die nicht sichern und schnellen Gewinn versprechen, finden kein Kapital, die bequeme und dem Eingeweihten fast untrügliche Börsenagio tage verschlingt jede andere Spekulazion. Einzelne hänfen unge bührliche Reichthümer auf Kosten der arbeitenden Klaffen an und ohne daß das Nazionalvermögen sich dadurch vermehrt, wäh rend andererseits die Regierung, in der täglichen Sorge um den > nothwendigsten Geldbedarf, ebensowol an der Vermehrung und Z Leipzig, Heinrich Hübner.