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lI8 essen fertig war und er mehr getrunken hatte, als er hätte sollen trinken, bekam er bald seine Fassung wie der und antwortete: „Ihr seid ein vorlauter Mensch, Breville, und wißt nicht, was Ihr sprecht. Wenn man schon Spion ist, so darf man sich nicht in der Haustbür^ irren." „Ganz charmant!" rief der junge Ducreß, „sa gen Sie nur, daß Sie Madame de Neuillan nicht kennen." „Was geht Sie das an und was wissen Sie davon?" „Ich weiß genug und es geht mich so sehr an, daß ich von Ihnen die förmliche Erklärung verlange, daß Sie nie in einem Vcrhältniß zu jener Frau ge standen haben." „Sind Sie denn mit dem Ehemanne so vertraut, dessen Ehre Sie vertreten wollen?" „Ich kenne Herrn von Neuillan nicht, habe ihn nie gesehen. Das ist kein Wunder, denn er ist nie zu Hause." „Dann . . . dann kennen Sie seine Frau?" „Bevor Sie fragen, geben Sie mir erst die Auf klärung, die ich von Ihnen verlange." „Halt, Ducreß!" sagte Breville, „der Streit be trifft mich; er hat mich einen Spion genannt. Aber wenn er das erklären wollte, was Du von ihm ver langst, so würde er lügen, denn ich schwöre hier bei Ehre, daß ich ihn um Mitternacht bei Ma- Ncuillan in's Haus habe gehen und früh um lhr herauskommen sehen." „O, nein! Breville, nein! . . . Was Du da sagst, würde der Herr nicht vor mir wiederholen!" „Warum denn?" „Weil ich Madame Neuillan liebe und das Recht . habe, Jedem in's Gesicht Lügen zu strafen, der sie beleidigen will." „Sie beleidigen sie, und ich allein habe das Recht, sie zu vertreten." „Sie? elender Betrüger!" Henri stand auf und seine Hand ließ auf Eduard's Wange eine Ohrfeige schallen. Es gab einen Augenblick Tumult, dann wurde die Sache geordnet und die lustigen Gesellen trenn ten sich. Eduard hatte nach dieser Beschimpfung doch still geschwiegen. Eine Erklärung, dachte er, würde mich nur lächerlich machen und zwingen, für immer die doppelte Rolle aufzugeben. Es ist am Besten, so schnell als möglich die verdrießliche Streitigkeit zu Ende zu bringen und dabei mein Jncognito als Ehemann zu behalten. Den Tag darauf trafen sich Eduard und Henri in Begleitung ihrer Secundanten in den Feldern von Eharenton. Man hatte sich auf Pistolen gefordert. Eduard schoß zuerst und fehlte seinen Gegner; Henri schoß darauf. Langet fiel, in das Herz getroffen, und eine Stunde später trug man die Leiche des Herrn von Neuillan in die Wohnung seiner Witwe. Boudoir eines französischen Schrift stellers. Die Hälfte des Boudoirs des Herrn von Bal zac, welcher stets in einem prächtigen Schlafrock mit goldenem Gürtel gekleidet geht, beschreibt einen sanft gebogenen Halbkreis, dem andern ganz viereckigen Theile gegenüber, in welchem ein Kamin von weißen Marmor, reich mit Gold verziert, glänzt. Um dieses Hufeisen läuft ein echt türkischer Divan, d. h. eine auf die Erde gelegte Matratze, eine Matratze, breit wie ein Bett, ein Divan von fünfzig Fuß Länge von weißem Cachcmir mit schwarzen und ponceaurorhcn Schleifen. Dieses Boudoir ist mit rothcm Stoffe aus geschlagen, über welchen indischer Mousselin gleich co- rinthischen Säulen bald rund bald hohl drapirt ist, oben und unten von einem dunkelrothen Streifen fest- gehalten, aus welchem schwarze Arabesken gezeichnet sind. Sechs silberne Armenlcuchter, jeder zwei Kerzen tragend, sind an den Behängen in gleicher Entfernung angebracht, um den Divan zu beleuchten. Die Decke, an welcher ein gleichfalls silberner Kronenlcuchrer hängt, ist glänzend weiß und der Karnieß vergoldet. Der Teppich gleicht einem orientalischen Shawl. Die Pcn- dule, die Candelabcrs, alles ist von weißem Marmor und Gold. Der einzige Tisch, der sich im Gemach befindet, hat einen Cachemir zur Decke. Elegante Blumentöpfe enthalten Rosen der verschiedensten Art, Blumen von allen Farben, und das kleinste Detail scheint mit der größten Sorgfalt gewählt. Nie hat sich Reichthum mit mehr Eoquctterie verbunden, uni zur Eleganz zu werden. — Druck von C. P, Melzer in Leipzig.