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104 fl lächeln; „Du bist umsonst erschrocken. Wiki scherzen blos. Silvio ist ein alter Kamerad von mir." „Ist es auch wahr?" fragte, die Gräfin Silvio, be- trachtetetc ihn ängstlich und suchte in feigen Blicken zu lesen. „Ist es auch wahr? Ihr scherzt?" „Ihr edler Gemahl liebt-den Spaß, Madame, und aus Spaß suchte er mir eine Kugel durch den Kopf zu ragen. Jetzt ist die Reihe zu scherzen an mir und ich bin vielleicht geschickter als er." Die Gräfin warf sich zu Silvio's Füßen. — „Steh'auf, Marie," rief der Graf ihr zu, „ernie drige Dich nicht vor diesem Menschen. Und Sie, Silvio, schickt es sich für Sie, sich am Schrecken einer Frau zu ergötzen? Schießen Sie, ich erwarte Sie." Silvio zielte von Neuem auf den Grafen; die arme Gräfin umfaßte seine Kniee und hing sich an seinen Arm. „Barmherzigkeit!" rief sie, „ich flehe Sic an." Die Thränen und das Schluchzen erstickten ihre Stimme. Der grausame Silvio schien ein Vergnügen daran zu finden, ihren Schrecken zu sehen, und diese verzwei felte Scene in die Länge zu ziehn. „Nun! Silvio?" rief der Graf ihn zu, „was war ten Sie noch, Henker! dauert die Agonie Ihnen lang genug? Nun, schießen Sie und der Himmel wird ent scheiden." „Ich mag nicht mehr," sagte Silvio, seine Pistole senkend, „cs ist mir genug, daß ich Dich erschrecken sah, unerschrockener Graf. Du wirst mich hoffentlich nicht vergessen und das Andenken an Silvio wird in Dein Gedächtniß eingcgraben bleiben. Uebrigens werde ich selbst Dich an mich zu erinnern suchen, ich besuche Dich wieder einmal Du weißt, 'daß die Reihe zu schießen an mir ist." Und Silvio ging fort, ohne daß der crstannte Graf daran dachte, ihn zurückzuhal ten. Einige Minuten darauf hörte der Graf den fort rollenden Wagen, und Silvio rief ihm noch mit höh nender Stimme zu: „Auf Wiedersehen, Graf!" „Was die arme Gräfin betrifft," fuhr mein Freund fort, „so macht seit jenem schrecklichen Tage jeder Wa gen, der vor ihrem Schlosse hält, sie zittern, und den Tag, da ich sie besuchte, fand ich sic noch blaß und zitternd; meine Ankunft hatte in ihr das furchtbare Angedenken an Silvio, erweckt. (5'ilte Abendmahlzeit auf offenem Meere. Von Leon Gozlan. (Beschluß.) „Ach! das war einen Monat nachher," unterbrach ihn der Hirt, indem er Mateo ein Stückchen brennen den Schwammes reichte. „Ja, einen Monat später. Wir landeten hier um drei Uhr des Morgens mit drei Schiffen, die mit den Neffen und Vettern, die ich schon erwähnte, bemannt und von meinem Vater angeführt wurden. Dieses Schiff da war eines von den dreien und ich war darauf. Es galt einen großen Fischfang, den der König in Ge sellschaft seiner getreuen und armen Unterthanen, der Spanier aus Catalonicn, zu machen wünschte. Er sollte den ganzen Tag dauern. Wir hatten Segel für den Wind, Ruder für Windstille und Zelte gegen die Sonne, denn es war eben mitten im Sommer. Es tagte kaum, als König Karl IV. sich aus dem Schlosse an diesem Ort, wo wir jetzt stehen, mit zwei seiner Bedienten begab." „Und mit mir, seinem Hirten, seinem ' führten." „Und mit Dir, Gervaisy; ich wollte . sagen." „Ein herrlicher Wind erhob sich," sagte- Mateo, dessen Stimme mir jetzt geändert schien, „ein Wind/ - wie wir ihn erhofften, wie wir ihn wünschten und - wie wir ihn die ganze Nacht vorher auf den Km'een liegend vor Unserer Lieben Frau zu Mont-Joni, uns erfleht hatten, mein Vater, ich, meine Vettern und seine Neffen, die guten und frommen Catalonicr. Nach zwei Stunden sahen wir von den Bergen um Mar seille und um den Golf so viel als von diesem Rauch, der da entschwindet." Mateo, der seit einigen Secunden zwei oder drei Mundvoll Rauch hinabgcschlungen hatte, blies um sein Glcichniß zu rechtfertigen, die gesammte Rauchwolke in die Luft. „Wir fuhren durch den Golf und ließen eine Insel nach der anderen hinter uns. Der König lächelte wie ein Heiliger vor Gottes Angesicht, so oft ein Windstoß aus Spanien ihm den Hut vom Kopfe riß. Endlich fragte er, wo und wann wir einmal Netz und Angel answcrfen würden. In einer Stunde, Sire, antwor-