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77 „Sagen Sie mir, mein englisches Kind," sichte Clifton — „nur ein Wort — eine Sylbe — lieben Sie mich?" „Ich verzeihe Ihnen," sagte Fanny, mit einem B.ick und einem Tone unbeschreiblicher Anmuth. / Der Kapitain, der ein Weltmann war und wußte, was das heißt, drückte, als sie den besorgten Eitern entgegen sprang, einen Kuß — auf ihre Hand. In dem Augenblicke aber, wo er sic aus den Augen verlor, fühlte er, daß er ihrer Liebe doch noch nicht ganz ver sichert sei. Eine Zögerung, eine Unbercitwilligkeit, ihm ihr Herz binzugeben, schien vorzuwalten, und unwill kürlich, aber laut genug, um, wie sich später erwies, gehört zu werden, murmelte er vor sich hin: „Warum will sie sich nicht bestimmt erklären?" Diese Frage war unter allen Umständen eine selt same, denn sie konnte sich hlos auf eine Person be ziehen, und der, welcher diesen kurzen Monolog hörte, mußte sich natürlich für die Beziehung desselben 'sehr intcressircn. Herr Sunderland hatte, als er an der Terrasse nochmals vorüberging, gehört, daß die Puff würfel immer noch klapperten, und da er wußte, daß ny die Gewohnheit halte, während dieser Zeit ein " , ug hcrumzustreichen, glaubte er, er könne sich ihr sscht nochmals auf fünf Minuuten nähern. Das usch der Spieler war in einiger Enrscrnung deut lich hörbar, aber als er sich näherte, hörte cs plötzlich aut und als er durch das Thor trat, sah er Fanny's Gestalt über den Rasen hinhüpfen. Wäre er eine Mi nute früher gekommen, oder hätte das Vane'schc Ehe paar eine Minute länger Puff gespielt, so hätte er vielleicht etwas mehr sehen können. Er wollte nun wieder fortgehcn, aber da er eine Stimme dicht neben sich hörte, die so befremdende Worte aussprach, blieb er stehen, wendete sich um und fragte leise: „Wer ist denn hier?" „I, i," sagte Clifton, „das ist ja Carl Sunder land." „Oh, oh, mein Herr!" entgegnen dieser; „Was zum Teufel machen Sie denn hier?" „Ich bin ein wenig herumgegangen," sagte Clifton. „Ich auch," sprach Sunderland; „aber Sie schei nen mir etwas aufgeregt zu sein — was ist denn passirl?" „Nichts," antwortete Clifton. „Ich hörte aber, daß Sie etwas sagten." „Das hatte ganz und gar keine Bedeutung." „Nun, das freut mich," sagte Sunderland; „ich dachte schon, Sic kreuzten in meinen Gewässern." „Wie so?" fragte der Kapiläin. „Nun, sehen Sie," antwortete Sunderland, „ich will aufrichtig sein. Ich glaube, ich bin ein glücklicher Mann, vbschon ich nicht sagen kann, daß die Sache schon gewiß sei. Ich habe mich nämlich — versteht sich, blos zu Ihnen gesagt — in daS einfachste, na türlichste, munterste und lebhafteste Mädchen der Chri stenheit verliebt. Sie ist gerade kein Muster der Voll kommenheit, kein strahlender Phönix, aber die Anmuth, Sanftmut!) und Liebenswürdigkeit selbst. Ich bin be rechtigt, zu hoffen, daß binnen zwei oder drei Tagen alle Ungewißheit gehoben sein wird, denn in der Haupt sache hat sie schon so viel gestanden, daß ich mein Glück unbedingt präsumiren kann." „Ich wünsche Ihnen von Herzen Glück," sagte Clifton, „und Ihre Aufrichtigkeit macht mir's zur Pflicht, ebenfalls offen zu sein. Ich bin mit einem Wesen, gerade so, wie Sie's beschreiben, auf densel ben Punkt gekommen, wo Sie stehen. Obgleich sie sich bis jetzt von der Schüchternheit hat zurückhalten lassen, sich bestimmt auszusprechcn, so hat sie mir doch genugsam zu verstehen gegeben, daß ich nicht ver gebens hoffe." „Nun das ist komisch -- aber hübsch!" rief Sun derland. „Freunde müssen immer gleichen Schritt mit einander halten. Empfangen Sie meinen Glückwunsch." „Und Sie den meinigen," entgegnetc Clifton; „aber da wir Vertraute und nicht Nebenbuhler sind, so sagen Sie mir doch, wer ist denn Ihre Anbetungswürdigste?" „Die Tochter dieses Hauses," sagte Sunderland, „die himmlische Fanny Aane." „Ach, verflucht!" rief der Kapitain. „Sic Schwe- rcnöther haben gehorcht, sonst hätten Sie's nicht gleich crrathen können. Ja, ja, läugncn Sie's nur nicht, Sie haben.unser Gespräch belauscht, wie sollten Sie sonst so etwas vcrmuthcn?" „Vermuthen? was denn vermuthen?" fragte Sun derland. „Nun," antwortete Clifton, „daß wir — Fanny Vane und ich — wenn auch noch nicht förmlich, doch so gut als versprochen sind. Sie liebt mich, hat eS gestanden, und ich bin überzeugt, daß sie mich nicht tauscht." „Fanny Banne und Sic so gut als versprochen!" schrie Sunderland. „Wenn das wirklich der Fall ist, Clifton, so werden wir Beide getäuscht, betrogen und für Narren gehalten." „Das kann ich doch nicht glauben," sagte Clifton.