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65 „Ich meine blos," cntgegnete Madame, „daß mich meine Wellkenntniß glauben läßt, Fanny werde mit Herrn Skrymegour glücklicher sein, als mit einem ihrer jüngeren Liebhaber." „Ich glaube, sie wird nicht nöthig haben, eifer süchtig zu sein," sagte Bane. „Das ist ja eben das Schönste," crwiederte Ma dame Vane, „und wenn uns an ihrem Glück etwas gelegen ist, müssen wir uns beiderseits angelegen sein lassen, sie zu dieser Partie zu überreden. Du bist Vater, folglich fängst Du an." „Erst Du, Schatz," sagie Vane, „und da sie so eben den Gang herauf kommt, kannst Du gleich den Anfang machen." Es war so; die sylphcngleiche Schöne kam heran und näherte sich ihrem Vater; aber dieser, obgleich er so eben eine ausführliche Deduktion der Northeile ge hört hatte, welche seiner Tochter aus der Verbindung mit einem so allen, häßlichen und dummen Mann, wie Herr Skrymegour, erwuchsen, konnte es doch nicht über sich gewinnen, dem Kinde cinzureden, daß kei nerlei unlautere Gründe ihn bewegten, den Heiraths- advokaten zu machen. Fanny hingegen fühlte sich sehr schlecht aufgelegt, ein tote ü töte mit Papa abzu- warlen, da sie schon wußte, daß er doch nur ein Tl ema behandeln würde, welches ihr das fatalste von der Welt war. Aber cs war zu spät, sich zurückzu- zichcn — sie sagte ihm, Mama habe ihr im Vorbei gehen zugeflüstert, daß er ihr etwas Besonderes mitzu- thcilen wünsche — er stockte, leugnete dann so etwas geäußert zu haben — ein Schweigen trat ein — er blickte sie an — nahm ihre Hand und küßte ihre Stirn — und dann spazierten sie mit einander auf und ab, ohne ein Wort zu sprechen. Das Schweigen ward erst gebrochen, als Madame Vane zu ihnen trat und Fanny sogleich fragte, was sie von des Vaters Vorschlag dächte? Der Herr Vater, als er diese Frage hörte, hielt es fur's Geralhenstc, sich zu retirircn und ging in's Haus.! „Mir hat Papa nichts gesagt, Mama," sagte Fanny. „Nicht?" „Nicht ein Wort." „Nun, so was lebt doch nicht!" sagte Madame Vane. „Verlaßt Euch darauf," sagte Fanny, „was Dir oder Papa wünschcnswcrlh ist — wenn es einen ern sten Lebcnsschritt betrifft — ich habe keine Wünsche, als die Eurigen." „Du bist mein gutes Kind," crwiederte die Mut ter, „aber wirklich, hat Dir der Vater nichts gesagt?" „Nein." „Wie dumm! — er versprach mir's." „Was gibt es denn eigentlich?" fragte Fanny. „Etwas, das Du wissen mußt," entgcgnete die Mutter. „So sage doch," rief Fanny ungeduldig. „Ja, ja — aber da kommt unsere Zofe — in ihrer Gegenwart kann ich Dir so etwas nicht mitthci- len — komm herein, ich will Dir's allein sagen." Es ging der Mutter wie dem Vater, keines von Beiden konnte, aus Gründen, die das natürliche, elter liche Gefühl in Anspruch nahmen, es über sich gewin nen, Fanny's Freiheit den Tvdesstreich zu versetzen und sic zu einer Erklärung, zu Gunsten Skrymegvur's zu veranlassen. Aber das Lächerlichste bei der ganzen Sache — und welches, das läßt sich nicht leugnen, den leisen Argwohn bestätigte, den Madame Vane wegen der Beständigkeit ihres Herrn Gemahls hegte — war, daß Louise, das Kammermädchen ihrer jungen Gebieterin, das ganze Geheimniß enthüllte, welches sie von keiner geringem Person, als Herrn Vane, selbst erfahren hatte, der die Soubrette im Ankleidezimmer traf und ihr vertrauere, er würde es gern sehen, wenn sie Fanny unterrichtete, daß Herr Skrymegour zum Abendessen kommen würde, um die Heirath richtig zu machen. Fanny entrüstete sich außerordentlich über die Hast und Eile, mit welcher ihre Eltern strebten, die Sache zur Entscheidung zu bringen, und nahm sich fest und feierlich vor, nie, auf keinem Fall und unter keiner Bedingung Herrn Skrymegour zu heirathen. Was daher jetzt die junge Dame vorzüglich alarmirte, war die Nothwendigkeit, sich gefaßt zu machen, nicht auf den Mann, den sie nicht heirathen mochte, sondern für den ersten besten, der ihr annehmbar erschien, denn — das Geheimniß muß heraus — Fanny war die unbeständigste und flatterhafteste ihres Geschlechts — versessen auf Lob und Schmeichelei, hoffend und doch zagend, spcculirend, ohne etwas zu versuchen — kurz, wenn sie nicht Coquette aus Grundsätzen war, so war sie, wie ich schon gesagt habe, eine solche aus Ver hältnissen, welche die aus ihrem Benehmen entsprin gende Wirkung waren. Fanny also, nachdem sie von ihrer Zofe nicht blos