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6U6 empor gestaltend am Charakter des Weibes durch alle Gradationen der Jahrhunderte, des Lebens und des Gemüthes. Macht das Kleid auch niemals das Weib, so mird es doch oft zur Folie des Diamanten und je der schließt aus der Anordnung desselben, aus Stoff und Farbe des Anzuges auf die Lebcnsarterie und das Gemüth, weil dieses, ward es nicht aufgelöst in Flit ter oder Rauschgold, sich auch von außen in congruenlc Gegenstände zu verspinnen bestrebt. Aber der fluctui- rendcn, aufgeblasenen Coquetterien im Anzug, dem Auf gange weiblicher Innerlichkeit und gemülhstiefcr Le bensfülle im Barock aufgeflitterten Nichts, dem Mode wahnsinn, den eine fremde, undcutsche Stadt, eine französische Putzmachcrgilde in's deutsche Vaterland fort während einschwärzt, dem, ihr deutschen Frauen und Mädchen, die ihr noch deutsch zu fühlen versteht, dem stellt euch alle entgegen in geschlossener Reihe, im ge schlossenen Glied. Ich zerfasere hier nicht jenes Elend, welches die Modesucht mancher Frauen in's stille, deutsche Familienleben des Mittelstandes gebracht, ich spreche hier nicht von Flitter und Staat, der das Sauer- crworbene mancher Ehemänner empor bläs't, der über klaffende Strümpfe im langen Schlampampa herab hängt, der die Brust umschnürt, daß man nicht athmen kann, der die Arme so straff umspannt, daß die Mama dem hungrigen Kinde kein Butterbrod streichen kann, dessen Anschaffung zum alleinigen Zwecke des Lebens wird, de- ' Kindererziehung, Liebe, Ge rn"*' ...>gion oer die moralische, intellektuelle vernachlässigen macht und zerrüttet; ich zerfasere .ucht jenes tiefe, materielle Unglück, welches die aller Orten überwachsende Modesucht aller Orten im deut schen VKerlande hinter sich herschleppte; ich bleibe stehn bei der ideellen Schmach, die jedes Weib, will sein Dichten und Trachten nur Mode, will cs nur niedcrknieen am Tempel der Göttin, daß, wie der Dich ter sagt, ihr Schlamp sich entfalte, und Räder schlägt, zu sich herabbeschwört. Das Weib soll Alles sein und es kann ja auch Alles sein, fröhlich und uneingezwängt d. h. natürlich sprieße ihm aus dem Innern der Mo dekeim, auf daß es gefalle, daß des Mannes Sinnlich keit die weibliche Blume bewundere, aber es sei doch mehr als die Dohle, es sei eine Lerche, es sei mehr als die aufgeputzte Tulipane, es sei eine Rose, ein Veilchen, umwogt vom würzigen Dufte inneren Lebens. Mode muß sein für das Weib; ich habe cs ausgespro chen, Mode ist jedem Weibe Bedürfniß, wenn cs ein Weib ist; das sanguinische Temperament sättigt in der Mode sanguinische Launenz aber niemals darf Mode das Alpha und Omega sein, und doch ist sie dieses zu häufig; nicht sowohl im Kreise wahrhaft Gebildeter als im Chaos der Halbgebildeten, der Gebildetseinwollenden, die da seidene Kleider, goldene Uhren und Fcderhüte tragen und reden: „Kind, gieb mich mal den süßen Roman her!" hier gebet, Frauen von wahrer Bildung einen Anstoß zur Umwandlung eurer im Modesumpf sich verlierenden Schwestern, träufelt das Elixir der Gesundung in untere Regionen, emancipirt euch vor Modezwang und oer Mittelstand, das Volk wird all- mäblig euch folgen, denn nur gradalim von oben her ab stieg die Mode in's Volk, je tiefer gekommen, desto barocker und gefährlicher werdend, im Volk besonders die höheren Kräfte und Zwecke des Lebens ertödtend; aus Seide wurde Kattun, aus Geld vergoldeter Firle fanz, der im Stadium des Erstrebens oft alle morali schen und intellektuellen, im Punkt des Gewinnes alle Geld-Kräfte in Anspruch nimmt. Der wahrhaft, vor- urthcilsfrei gebildeten Frau schadet die Mode nicht, sic steht ja über der Mode, sie poussirt oder modifizirt die Mode, wo es ihr Inneres heischt; den reichen, wenn auch dabei nur halbgebildeten, Weibern schade* die Mode wenigstens nicht materiell, ob sie auch o,. deren intellektuellen Kräfte zerrüttet, aber in all den Sphären, wo Halbbildung nistet, wo vorurtheilsfreie Lcbcnserkcnntniß, unabhängige Stellung und Gcld- kräfte mangeln, wo das Verdienst des Mannes oder der eignen Hände Arbeit den Modckitzel befriedigen soll, dort wird überwüchsige Mode zur gefährliche" Giftpflanze deren schimmernde Beere das R benascht. Hier helft, gebildete Frauen und Jungfrauei. deutschen Vaterlandes, hier ist ein großes Terrain, ein Feld voller Unkraut, daß eurer Sorge einst Aehren im Ucbcrfluß bringen mag... Bildet Frauenvcreine für Mäßigkeit in der Mode. Ich habe genug gesagt; der Stoff ist z>> *'"^t für den Mann, er verlangt in seiner nähere! nach Frauen, nach gebildeten deutschen Mädchen. Möchten zur Ausführung solc und patriotischen Handlung patriotische reifen zur segenbringenden Frucht. Druck von C. P. Melzer in Leipzig.