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457 Die Liebe der jungen Leute ward von ihren Vätern crmuthigt, und da Beide Leibeigene der Krone und in ziemlich guten Umständen waren, so wollten sie die Zukunft ihrer Kinder begründen. Alles schien ihr Glück vorbcreiten zu wollen, als plötzlich Sydor's Vater seine Meinung änderte und erklärte, er werde niemals seine Einwilligung zu dieser Ehe geben und eher seinen Sohn sterben, denn als Gatten Orana's sehen wollen. Anfangs begriff Sydor die plötzliche Veränderung ' seines Vaters nicht, der doch mit Prokop nicht gebro chen hatte, sondern im Gegentheile fortfuhr, ihn fleißig zu besuchen. Bald erklärte sich jedoch dies Gehcimniß. Das Gerücht verbreitete sich, wie Iwan den Witwcn- stand sehr langweilig finde und darüber nachsinne, sei nen Sohn zu entfernen, um Orana selbst zu heirathcn. Bestürmt .n Sydor, gestand ihm das junge Mäd chen, daß Iwan Kopiza ihr den Hof mache und daß man sie, in Uebcreinstimmung mit Prokop, zwingen wolle, den Vater ihres Geliebten zu ehelichen; aber sie schwur auch dem Sydor heilig und lhcucr, daß sie niemals darein cinwilligen und lieber jede Tyrannei er tragt werde. Oa Sydor seinen Schmerz und seine Entrüstung über diese Täuschung nicht zu ertragen im Stande war, so beklagte er sich sehr bitter gegen seinen Vater. Iwan, durch diese Vorwürfe gereizt und wohl beden kend, daß er niemals den Widerstand Orana's bewäl- ihr Geliebter noch in der Nähe ernstlich, seinen Sohn zu ent- e schienen ihn hierbei auf eine begünstigen; denn es wurde in Ukas Behufs Truppenaushe- lwan, wenn er cs dahin brachte, Entweichung zu behindern, so ährend der ganzen militairischen Rußland drciundzwanzig Jahre einige Einzelnheiten nöthig sein, e Truppcnaushcbung beschlossen migt, so wird an alle Prvvinzial- gesandt; die Gouverneurs ver gälle oder Vice-Gouverneurs und .me, um sich über die Art der Verthci- .,prcchcn. Man nimmt dabei den Waski . Verzeichnungstabelle, worauf nur die männ- Jevölkerung sigurirt, zu Rathe, und dann wird >n jeder Stadt, jedem Flecken und Dorf zu lie- Contingent bestimmt. Nach dieser Vorarbeit wird den Herren und Verwaltern der Städte und Dörfer angewiesen, daß sie so viel Mannschaft an einem fest gesetzten Tage zu stellen haben. Alle diese Formalitä ten und namentlich das die Aushebung befehlende Ukas werden geheim gehalten; denn, erschreckt durch die un gemeine Strenge des Kriegsdienstes und durch die grause Aussicht, dreiundzwanzig Jahre unvermeidlich unter den Waffen zu verleben, flüchten alle jungen Leute, sobald sie nur von einer Aushebung das Min deste ahnen. Haben nun die Gutsherren und Verwal ter die Notifikation des Ukas und des zu liefernden Contingcnts empfangen, so lassen sie in der größten Eile alle jungen Leute ergreifen, die jener Klaffe angc- hörcn , und diese, unfreiwillige Thatsache führt oft zu großen Ungerechtigkeiten. Die Habhastgewordcncn wer den je zwei und zwei gefesselt und vorläufig bis zu dem Augenblicke gefangen gehalten, wo sie Behufs der Dienst tauglichkeit untersucht werden. Als sich nun das Gerücht von einer Aushebung im Lande verbreitete, flüchteten sich die meisten jungen Leute in die Wälder und Gebirge. Aber der unglück liche, von seinem Vater bewachte Sydor, konnte nicht ent fliehen; er ward ausgelicfcrt, einem unglücklichen Kamera den bcigefesselt, sorgfältig gefangen gehalten und so vor die Rekrutirungs-Commission geführt, welcher der Gou verneur der Provinz vorsaß, und die aus dem Di- stricts-Marschalle, einem Offizier der Armee, einem Slaatsralhe, einem Arzte und Wundarzte bestand. Für den armen, jungen Mann strahlte Hoffnungsstcrn, als sein Vater sein V nicht sein Retter geworden war. Die Käuflich... ... russischen Rekrutirungs-Commissioncn liegt, nämlich klar am Tage, und es ist sprichwörtlich, daß nur die As signaten einen gesunden Conscribirten lahm ma chen. Für den armen Sydor war diese Hülfe nicht vorhanden, auch war er leider! ein gar zu schmucker Bursche. Er ward untersucht, man fand seine Ge stalt für taugbar, er genügte hinsichtlich der Kraft und Gesundheit allen Anforderungen, und der Präsident sprach das verhängnißvolle Wort „loh" (Stirn, i<l est — gut für den Dienst) über ihn aus. Schnell näherte sich Sydorn ein Barbier und rasirte ihm die Haare vorn an der Stirne hinweg. Dann führte man ihn in ein Nebengemach, er schwor vor einem Priester dem Kaiser Treue, man zog ihm eine militairische Jacke an, gab ihm eine Mütze und da stand — der Soldat auf dreiundzwanzig Jahre Eine dumpfe Verzweiflung bemächtigt sich des