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Kaum hatte er diesen Entschluß gefaßt, so dachte er auch an weiter nichts, als sich gleichsam eine beson dere Ehre daraus zu machen, daß er ihn unvorzüglich zur Ausführung brachte. Er beschied also die Frau von Beneble zu sich, die Erzieherin der beiden jüngern Schwestern Maria's, und beauftragte sie, besonders die Schritte der letztem zu bewachen; zugleich sollte sic sich bereit halten, die Nichten des Cardinals nach Brouage zu begleiten, und hierbei erhielt sie die Weisung, alle -Anstalten zu dieser plötzlichen Abreise ganz im Stillen anzuordncn. Allein die wichtige Miene, die Frau von Vcnelle annahm, indem sie den Dienern ihre geheimnisvollen Winke crtyciltc, wie auch einige Worte, die ihr unbe dacht in Hortensia's und Marianncn's Gegen wart entschlüpften, ließen diese gar bald die Wahrheit errathen. Hortensia eilte sogleich hoch erfreut zu Marien, rnd vertraute ihr, daß man sie auf's Land schicken volle; sic hatte die Frau von Vemlle überrascht, ge- ade wie diese ganz im Stillen Borbereitungen zu ih- er Reise traf, und vor Allem anbcfahl, daß man die Zücher Maria's ja nicht vergäße; dieß Alles aber lasse c vcrmuthcn, daß ihre Abreise noch diesen Abend " sich gehen müsse. Bei dieser Nachricht fühlte Maria eine Todesfälle rrch alle ihre Adern rieseln. Ihr Herz erbebte unter nein jener heftigen Schläge, an denen wir die Hand unversöhnlichen Schicksals erkennen. Hortensia, ichreckt von dem Eindruck, welcher der Gedanke an 'ne so plötzliche Abreise bei ihrer Schwester hcrvorgc- ifcn, bemüht sich vergebens, diese ssr.-.'.l'm zu machen, aß ihre Bermulhungen doch ain Ende ungegrüM ri :in könnten, — „Nein!" cntgcgncte Maria und fuhr a!t der Hand nach dem Herzen, „was ich hier cm- ssmdc, bürgt mir, daß Du Wahrheit redet. Man »erbarmt mich!... und der König willigt darein " hier sank sie ermattet in ihren Lehnstuhl zurück, und so lag sie lange bleich, unbeweglich und schweigend da, als ob dicsct einzige Gedanke auf einmal alles Leben ausihrcm ganzen Wesen verdrängt hätte. Hortensia sprach und ermahnte, ohne von ihr ge hört zu werden; endlich, da sie Marien unwohl glaubte, wollte sie nach Hülfe rufen; aber die Schwester be schwor sie mit zitternder und erstickter Stimme, ja Kei nen von dem Zustande zu benachrichtigen, in den sie ihre Miltheilung versetzt hätte. „Wenn sic mich von ihren Plänen unterrichtet wüßten," fügte Maria hinzu,, „leicht würden dann die Riegel der Bastille für meine Sicherheit sorgen müssen. Und der König! . . . der König duldct's, daß man mich so behandelt!" Dieser schreckliche Zweifel wurde ihr zur größten Marter, und sie kann keinen Augenblick länger warten, ohn^ sich Aufklärung zu verschaffen. Sic entließ nun Hortensien und bat sie, verschwiegen zu bleiben; hier auf cröffnete sie dem König brieflich, was man gegen sie im Werke hätte. Eine ihrer Frauen, in die sie ihr ganzes Bertrauen gesetzt halte, erhielt den Auftrag, dieses Schreiben dem Kammerdiener des Königs ein zuhändigen; aber das Weib war schon von Frau von Benelle bestochen, und lieferte dieser sogleich Ma riens Brief aus. Mehr als drei Stunden vergehen, ohne das Marie eine Antwort erhält, und doch weiß sic, daß der König nicht auf der Jagd sei, daß am Hofe keine Festlichkeit seine Gegenwart erheische und daß die Nathsversammlung schon aus einander gegangen. In ihrer Angst glaubt sie sich von Allen verrathcn, und fürchtet einen jener Staatsstreiche, von denen ihr so manches Beispiel vorschwebt, wie die Berhastung der Prinzen, die des Herzogs von Beaufort, des Cardinal Retz u. a. Sie will durch Lärm den stren gen und geheimen Maßregeln zuvorkommen, welche der hämische Despotismus der Königin über sie verhängt. Mit ihrem ganzen Muthe waffnet sie sich, und eilt zu ihrem Oheim; sie hofft bis zum Könige zu gelangen, denn sie weiß, daß der Cardinal an der Gicht leide und gezwungen sei, das Zimmer zu hüten. — Als sie aber hier eintreten wollte, sagte ihr der Thürsteher des Cardinals, daß Se. Eminenz nicht zu sprechen wären. „Ich will, ich muß ihn sprechen!" antwortete Fräu lein von Mancini. „D!?ß ist durchaus unmöglich, mein Fräulein," cntgcgncte d,.. - Thürstcher ganz in dem Tone eines Mannes, der darüber untröstlich war, daß er einer Frau nicht gehorsamen konnte, die bei Hofe gar hoch angcschrieben stand. „Aber bedenkt, es ist in Angelegenhencn des Kö nigs!" rief Marie, wohl wissend, daß dieses W-'- jegliches Hindcrniß entferne. Der Thürsteher lächelte, und raunte Marim in's Ohr: „Der König ist eben bei Sr. Eminenz/ „Desto besser," crwiedcrtc sie, „um so schneller ist Alles abgemacht!" und mit diesen Worten schickte sic sich an, in's Zimmer zu treten, wie sehr auch der Thür stcher widerstrebte. „Sie machen mich unglücklich!" schrie dieser, „es ist mir auf's Nachdrücklichste verboten "