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125 Leidenschaft beseelt, habe auf einem ihrer Spazierritte den jungen Sohn irgend eines Bey, oder irgend einen schönen Effendi bemerkt, habe über ihn nähere Erkun digungen eingczogcn, und sodann dem Vorsatze Raum gegeben, mit ihm in Bekanntschaft zu treten, welcher Mittel kann sie dazu sich bedienen? Es ist immer noch, wie in »Tausend und einer Nachts ein Wasserträger, ein Eselführcr, Frauen, die allerlei Gegenstände verkaufen, oder die Badcmägdc, an welche sie allein sich wenden kann. Eine Frau muß jedoch für den von ihr bemerkten Mann eine sehr heftige, unüberwindliche Neigung ha ben, um solchen Vermittlern sich zu überlassen, die sie leicht verrathen können, und die oft einen Vortheil da bei haben, sie zu verrathen. Zudem würden sie sich noch der Gefahr aussctzcn, jungen unvorsichtigen oder furchtsamen Türken sich zu überlassen, die, kaum mannbar geworden, schon eine rechtmäßige Frau und schöne Sklavinnen haben, und bei denen man nicht jenen ritterlichen, unternehmenden Geist findet, der bei unseren jungen Männern unter gewissen Verhältnissen sich noch erhalten hat, und der sic allen Gefahren Trotz bieten läßt. Verweilen wir jedoch bei diesen hindernden Um ständen nicht, und nehmen wir an, daß die muselmän nische Frau alle ihre Skrupel überwunden, daß sie endlich ein Stelldichein bestimmt, und daß es ange nommen worden. Wir erblickten sie nun, das Bad verlassend, auf einem Esel reitend, die Treiber zur Seite und ihre fünf oder sechs Sklavinnen, ohne die sie nicht einen Schritt außer ihrem Hause thun kann. Wäre es ihr auch möglich, unter verschiedenen Vorwänden nur de ren zwei bei sich zu behalten., müßte sie doch immer vier Treiber haben, weil sie zu Fuß weder gehen kann, noch darf. Vorausgesetzt, sie begehe alle diese Unvorsichtigkeiten, und gelange endlich in die kleine Gasse, wo das ge- heimnißoollc Haus ist, in welchem sie mit ihrem Ge liebten zusainmentreffcn soll, wird man doch gestehen, daß eine solche Jntriguc mehr als eine Schwierigkeit darbietct, und daß sie Zeit genug gehabt, über alle die Gefahren nachzudenken, denen sie durch ihren Schritt sich aussetzt. Denn im Morgenlande wachen nicht blos Ehre und 'Scheu für die Meinung der Welt über der Gattin Tugend, sic wird auch von der argwöhnischsten Eifer sucht beobachtet, und unmittelbare Strafe erwartet sie, sobald ihr Vergehen entdeckt wird. Sie und alle ihre Sklavinnen werden in Säcke gesteckt, und ohne Gnade und Barmherzigkeit ersäuft. Eine türkische Frau muß ein sehr heftiges, fast wahnsinniges Temperament haben, um nicht Alles zu bedenken, was Drohendes für sie in einem unerlaubten Verhältnisse mit jedem andern Manne ist. Ueberdem würde sie auf keinen Fall ihre Blicke auf einen Euro päer werfen, dessen enge Kleidung ihm ein so kleinli ches, so wenig den Begriffen der Muselmännin über männliche Schönheit entsprechendes Ansehn giebt. Sie können weder unfern Verstand, noch unsere Eigenschaften, noch unsere Manieren bcurtheilen, die in Europa unsere Erfolgsmittcl sind. Im Allgemeinen erblicken sie in uns nichts, als klägliche Geschöpfe, deren seltsam ausgeschnittene Kleider sie noch lächerlicher ma chen. Der schönste Mann in einem Leibrock und in glattanliegenden Hosen erscheint in den Augen einer Türkin nicht allein häßlich, sondern auch unschicklich, und sie würde jedem Kaua (türkischen Soldaten), von welcher Gestalt er übrigens wäre, vok einem Europäer in seiner so engen und ärmlichen Tracht den Vorzug geben. Diesem Eindrücke muß man die Betrachtung und den Spott zuschreiben, womit alle Franken im Mor genlande behandelt werden. Hinzufügen muß man noch, daß im klebrigen die europäischen Abcntcucrcr, welche im Orient sich aufhalten, den Muselmännern keinen hohen Begriff von unsrer Sittlichkeit und Men schenwürde geben. Mcistentheils durch Spiel oder be trügerische Spekulationen zu Grunde gerichtet, oder so gar den Gefängnissen entschlüpft, machen sie in ihren abgegriffenen Filzhütcn, ihren durchlöcherten Scöcken, Parade mit ihren Lastern und Betrügereien, und scha den dadurch nicht wenig den fränkischen Kauflcutcn, die das Verlangen nach rechtlichem Gewinn nach der Levante geführt, und die nur zu oft mit jenen ver wechselt, folglich auf gleiche Weise behandelt werden, wie sie. Um nun die Augen auf solche Menschen zu werfen, müßten die türkischen Frauen geradezu den Kopf ver loren haben. Auf jeden Fall würden sie dadurch die Gefahren, denen sie sich aussctzcn, verdoppeln, der Un wissenheit der Sprache, der auffallenden Kleidung und der unvermeidlichen Indiskretionen von Seiten der Europäer wegen. Giebt es einige seltene Ausnahmen von diesen all gemeinen Regeln, so können sie nur in den unteren Be- amtcn-Klasse Statt finden, in den Haushaltungen jener