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43 Euer Wort gegeben und habt cs gebrochen. Aus Pontaise seid Ihr schimpflich geflohen, habt den Schlüs sel meines Reiches preisgegeben und, statt Euch in die Hauptstadt zu werfen, dort wenigstens Eure Schuld mit dem Ehrcntod zu sühnen, lebt Ihr in Ueppigkeit und Wollust zu Trier nach Eurer schnöden Flucht." „Flucht?" sprach der Herzog fast tonlos, am ganzen Körper vor Wuth bebend, „laßt mich den schimpsvollcn Ausdruck nicht noch einmal hören." „Noch mehr! Ihr seid ein Verräther." Hier sprang der Herzog auf und wollte seinen De gen, der sich in den Maschen seines Panzerhemdes bei der früher» demüthigen Stellung verwickelt hatte, zu recht bringen. Der Dauphin prallte zurück, des Her zogs Absicht verkennend. „Legt die Hand nicht an das Schwert in Gegen wart Eures Herrn," rief Robert von der Loire, sich zwischen die Erhitzten drängend. Duchatel aber riß die Streitaxt, die er gestern ge tragen, hinter der Tapete hervor. Sie hoch empor schwingend, rief er: „Es ist Zeit! was soll der Vcrrä- ther länger leben?" Herzog Johann erhob den linken Arm, den Streich abzuwehren, indeß er im Gedränge sich bemühte, den Degen zu ziehen. T^>ch :m selben Augenblicke lag -ine ist am Be en uu die Streitaxt spaltete kra chend mit demselben Hiebe ihn; das Haupt vom Joch im lss/', l n st. ms. Aufrcchl stand der Held gleich einer Eich- md mrrte mit haldgebrochnen Augen dem teltbllm,'. Dauphin in's Gesicht, bis ihm Robert von der Loire den Dolch in die Kehle stieß und er zu Giac's Füßen nicderstürzte. Stundenlang liegt eine wilde Gebirgsgegend bei Gewitterschwüle in Grabesstille. Kein Vogel schickt seine Lieder hinaus, kein lebendes Wesen ist zu hören. Nun der erste Donnerschlag! Jetzt wogt es, man kann keinen zweiten mehr unterscheiden, das Echo des ersten hat ihn verschlungen und so geht cs fort, bis endlich das Toben aufgehört und vorige Ruhe cintritt. Entsetzt sahen Alle den Fall des Herzogs, starr, ohne Laut. Jetzt aber lag er am Boden und Gebrüll, Fluchen, Stöhnen schien die engen Wände auseinander treiben zu wollen. In einem Raume, wo zur fried lichen Zusammenkunft kaum hinlänglich Platz war, ent stand nun ein grauenvolles Schlachten. Ein Schlag, ein Schrei; war Einer gefallen? Man wußte cs nicht. Keiner hatte Raum, den Boden zu erreichen, aufrecht lehnte er an der Brust dessen, der ihn erschlagen, wie zum Vcrsöhnungskusse, bis dieser wieder so viel Raum gewann, den Entseelten an einen andern Lebenden zu lehnen. Schmerz und Quetschungen fühlte jeder, Wun den konnte keiner erkennen, denn Blut überstimmte Alle und keiner wußte, ob es sein eignes oder dessen war, den er erschlagen. Entsetzt warf sich der Dauphin mit dem Oberleib über die Barriere und wurde von dem hinzugeeilten Präsidenten Louvet bei den Schultern herausgezogen. Draußen athmcte er tief auf, befühlte sich, und erkannte sich trotz dem von allen Seiten niederströmenden Blute doch unverwundet und eilte den Seinigen zu. Mon taigne übersprang die Barriöre und rief die Burgun der auf, indeß Noailles mit gespaltenem Kopfe neben ihm in die Yonne rollte. Endlich hatte die besser be waffnete und auf Vcrrath vorbereitete Parthei den Sieg errungen, doch kamen noch vier Burgunder mit Mon taigne, welche die Barriöre niederrissen und die Gegner auf's Neue angriffen. Im selben Augenblicke stürzten die im Hause versteckten Krieger auf die Brücke und die Burgunder mußten die Flucht ergreifen. Der letzte Donnerschlag — Grabesstille. In der Loge waren noch drei Personen. Auf dem Boden lag ein zertretner Körper, in dem noch Leben zuckte, und hätte man ihn vom Blute reinigen können, würde man gewiß den Herzog erkannt haben. Er war es auch. Neben dem Sterbenden lag der zerbro chene Degen mit dem reichen Gefäße. Ritter Giac stand mit racheglühcnden Blicken bei ihm. Er hatte, in einer Ecke stehend, sich vertheidigt und wurde also nur leicht gequetscht. Auf mehreren Leichen stehend, ragte Duchatel beinahe bis an die Decke. „Das heißt arbeiten," sprach er schnaufend. „Was, ich glaube der Herzog lebt noch? Nun, diese Burgun der müssen ein zähes Leben haben. Wir wollen ihn nicht länger leiden lassen;" und im Augenblicke war seine Streitaxt erhoben, glänzte aber nicht mehr; Blut und Gehirn troff von ihr herunter. „Halt! störe ihn nicht in seinem Sterben, störe mich nickt in meiner Rache. Er liegt und stöhnt! ich stöhnte auch in mancher einsamen Nacht auf dem Lager, indeß Argwohn krampfhaft in meiner Seele wühlte. Ha! was bedeutet diese Bewegung der Mundwinkel? Ich glaube, er hört noch. Hörst Du, Herzog? Das ist meine Rache, vernimm cs. Ich habe Dich vcrrathen.