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474 der Thüre Madame Per sch kof nebst der dicken Dame und einigen andern weiblichen Badegästen; sie schienen eine große Confercnz zu halten. Da er ihnen nicht ganz ausweichen konnte, beschleunigte er, um schnell vorüberzukommen, seine Schritte; aber als er eben seinen Fuß auf die erste Stufe setzen wollte, hielt ihn Frau Per sch kof am Arme zurück und sagte: „Wir schwatzten von Ihnen, Herr Launay." „Zu gütig, Madame." „Ich erzählte Ihre Geschichte." „Ich verstehe nicht..." „O, über Ihr früheres Leben habe ich Licht.. . . Nicht wahr, das hätten Sie sich nicht gedacht?" „Madame," sagte Eduard bestürzt, „das ist ein Scherz..." „Nein, cs ist kein Scherz. Ich weiß, daß Sie in Brest geboren und im Jahre 1816 als Schiffs chirurg in die Marine eingetreten sind; ich weiß, daß Sie, mit Anspielung auf Ihren Namen Eduard und Ihre stolzen Träume, von Ihren Kameraden der Letzte der Stuarts genannt worden sind.... Bin ich nicht gut unterrichtet?" „So gut, Madame, daß ich wissen möchte, wer Ihnen diese einzelnen Thatsachen mitgetheilt hat." „Merken Sie auf, ich bin noch nicht fertig; ich weiß ferner, daß Sie plötzlich reich geworden sind in Folge einer Erbschaft, von einem Oheim, den Niemand gekannt hat." „Madame! Madame!" rief Launay aus, „ich will wissen, wer Ihnen das gesagt hat. Stehe ich denn hier unter einer heimlichen Inquisition? Wer hat Ihnen das gesagt, Madame? Ich will's wissen." Madame Perschkof wäre beinah erschrocken. „Mein Gott!" sagte sie, „ich wollte Sie nicht in Zorn bringen, ich bin nicht etwa darauf ausgegangen, diese Einzelnheiten kennen zu lernen; ohne Zweifel giebt es aber hier Leute, denen mehr, als mir daran gelegen ist, sie zu wissen. Ein Stück von einem Briefe, den ich ganz zufällig fand, hat mir das entdeckt, was ich so eben mitgetheilt habe." „Wo ist der Brief?" „Hier ist er." Eduard sah, daß cs der Brief war, den Fräu lein Fanny am Abend vorher in den Händen ge halten halte. Er überlies ihn flüchtig und fand, daß es eine Antwort auf ganz specielle Fragen über seine Person war. Die Entdeckung dieses Briefes machte seinen ganzen Zorn rege; der Gedanke, daß sein Leben, trotz dem, daß er es vor Aller Augen geheim halten gewollt, auf diese Weise ausgekundschaftet sei, und daß nun alle Neugierige ihre Blicke daran weiden könnten, steigerte seinen Unwillen auf's Höchste. Er war nicht im Stande, seine Aufregung zu bemeistern, stammelte einige Entschuldigungen gegen Frau Perschkof heraus, steckte den Brief zu sich und ging in das Gasthaus. (Fortsetzung folgt.) Der Pascher. Der Jäger liegt im Walde, Gebullt in Gelb und Grün; Der Stadt entschlich das Mädchen Traf an der Linde ihn. Der Jäger schwört aus Ehre, Wie er so treulich wacht Und Niemand ,'tm betrogen Selbst bei Gewilternacht. Das Mädchen scherzt und spielet Am blanken Bandelier Und spricht: „Treu wie dem Staate So diene Franz auch mir." Er lacht, — doch hinterm Rücken Schafft still von Land zu Land Des schlauen Mädchens Vater Die strenge Contreband. Mit Glück ist er hinüber! Sie lauscht dem Schritt' und ruft: „Halt Pascher! Franz, die Büchse!" Franz schießt in blaue Lust. Er zürnt. — Mit einem Kusse Besänftigt sie den Groll Und spricht: „Für meinen Vater Bezahl' ich Dir de» Zoll. Baut auch an jedem Baume Der Staat ein Wächterhaus, Bahnt ungeseh'n doch Liebe Den Weg sich ein und aus!" — T. E. W. Druck von E. P. Melzec in Leipzig.