Volltext Seite (XML)
Ausfuhren lassen muß, was oben im Kleinen nicht ge lang? Siehst Du nun ein, daß der Water gar nicht nöthig hat, das Auge an die gebohrte Oeffnung zu legen, um daS Bild schauen zu können, sondern daß der liebe dienstbare, zauberhafte Lichtstrahl die Cäcilie und den Baumwipfel on miniature an die gegenüber liegende graue Tapctenwand abconterfeit, vielleicht un mittelbar über des Waters Betlstätte? O, Charles, ich bin begeistert von der eigenen Idee; ich bin wie von meinem Dasein überzeugt, daß der Lichtstrahl, dem wir mit schlauer Heimlichkeit einen Weg in die finstre Kammer öffnen, auch das vom Wahn umnachtete Ge müts) des armen Mannes dauernd erhellen wird!" Hier sank Fiorilla wie erschöpft in des stummen, verwirrten Malers Arme, der nun allerdings seiner Zweifel und Besorgnisse Herr geworden war, und nicht wußte, ob er des Mädchens Liebe oder Scharfsinn mehr bewundern sollte. — „Herzblatt!" rief er nach langer Pause, „wie geistesarm und unbedeutend stehe ich neben Dir; wie tief muß ich mich beugen vor Deinem Ver stände, der eine physikalische Spielerei zu einem er habenen Zweck zu benutzen weiß, und vor Deinem Herzen, das unaufhörlich mit mächtigen Waffen gegen den schrecklichsten Dämon käflipft, gegen tiefeingewur zelten, in das Bereich dpr Verrücktheit hinüberstreifcn- den Wahn. Und Du wirst siegen in diesem Kampfe, davon bin ich jetzt eben so fest überzeugt, wie Du cs bist. Ja, ich weiß cs, das Lichtbild wird den Fin sterling curiren, und wenn diese ihm ganz unbekannte Erscheinung nicht auf's Neue seinen Forschunngstrieb belebt und die alte Liebe zu vernünftiger Wissen schaft rege macht, so ist Alles verloren, und nur der Lodesengcl vermag die grause Finsterniß, in welcher der Unglückliche gefangen liegt, zu zerstreuen. Aber noch bedarf cs des ernsten Himmelsboten nicht; ein freund licherer Engel sprengt die finsteren Banden und dem Meister steht ein Auferstchungsfest bevor, viel herrlicher als das des Lazarus, der nur drei Tage im Grabes dunkel gelegen hatte. O, Fiorilla, im Hochgefühl dieser Lebensostern muß uns der Vater segnen für's ganze Leben; nur so kann er den Jammer vergüten, den er Dir und mir angethan!" „O, Du wirst zum Poeten," lächelte Fiorilla durch Thränen; „ich würde mich nicht wundern, wenn Du Deine Gefühle sogleich in improvisirtcn Eanzonen oder Rispetten ausströmen ließest. Aber diese Um wandlung einer kalten Seele ist mir die sicherste Bürg schaft für's Gelingen unsers Vorhabens, denn der Dich ter ist ja ein Scher, und die Propheten des alten Te staments waren ja auch blos Dichter, und sie hätten niemals das Erstcre werden können, ohne das Letztere zu sein." — Fiorilla hatte kaum ausgcredet, als die alte Magd eilig und verstört, in haarsträubendem Negligee, an der Gartenthür erschien und von ihres Herrn Tochter ein neues Fläschlein tzuagua 8to,,ll»ua verlangte, da das alte zerschlagen sei. „Bist Du verrückt?" schalt der Maler unangenehm aufgestört in seiner schwärmerischen Situation. „Zu was soll Dir die ^gua Tolan.-»? WW,Tu Dich damit tödten? Aber warte doch, bis Fetzer voin Him mel regnet; da werden die Sünder gepulvert mit den Gerechten und bei den Bewohnern der neuen verjüng ten Erde dürfte dicß Pulver officiell werden gegen allerlei Seelen- und Lcibesschäden." „Ach, das Gift soll ja nicht für mich," entgegnete die Magd mit Schauder ob dieser ruchlosen Worte. „Es soll ja für meinen guten Herrn, der täglich an Gnaden zunimmt und vom Herrn der Hecrschaaren ge würdigt ist, durch eine so ausgezeichnete Buße seine früheren großen Sünden und Uebelthaten zu sühnen. Ihm ist wohl in seiner Finsterniß, denn im Lichte sieht man blos Greuel und Scheue! und ich befestige ihn in seinem Bußwerke nach Christenpflicht, indem ich ihm die Schranken der Hölle so fürchterlich erbaulich schil dere, daß er die Teufelchen mit den lairgen Schwcif- lein ordentlich vor seiner Nase herumwcdcln sieht. Auch träumt er nicht selten von solchen Geschichten, die recht eigentlich mit den Haaren zur Frömmigkeit hinzichen, weil sich die Haare emporsträuben, also das Gute am wirksamsten gefördert wird, und in diesen Träumen ficht er hcldcnmüthig mit Händen und Füßen gegen die Gesellen dessen, der wie ein brüllender Löwe um hergeht und sucht, welchen er verschlinge. Ihr wißt, Donna, daß der Vater immer ein kleines Fläschlein mit Gift in der Hand führte, um die bösen Welt, kinder zu verscheuchen, die ihn etwa gewaltsam seinem Zustande entreißen möchten, weil der Böse die Uebung guter Werke nicht leiden kann, und nun ist das Fläsch lein unglückseliger Weise zerschlagen. Vor einigen Mi nuten, als ich mich so eben im Vorzimmer des Herrn zur Ruhe gelegt, höre ich den Herrn schreien: „ach, das Gift, das Gift!" — und eintrctcnd erfahre ich, daß er im Traume das Fläschlein an die Wand ge schmettert, als er ein Teufelchen recht derb auf den Kopf zu treffen gewähnt, und das tzuagua ^opflrm»