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30 und kein Hanse und renne mit an; acht Groschen sind Dir gewiß, wenn wir Seine Excellenz auf die Straße werfen." „Ja," sprach der Wurmdoctor, „die Sache wird bedenklich, ich kenne mich und wird nicht bald Lust, schwelle ich mehr an und sprenge das ganze Nest." Lampen ward jetzt für sein brau - und bierbcrcch- tigtes, völlig neuangestrichenes Haus, das er nur in der Brandkaffe versichert, ernstlich bange. „Maus," wiederholte er daher dringend und ängst lich zum Brenner, „Du begreifst mit Deinem schwa chen Verstände, daß dermalen in Deutschland noch keine Versicherungsanstalt für den Fall existirt, wenn ein Siamesischer Leibarzt anschwillt und alle Thürcn und Wände auseinandersprcngt; ich würde mich als vorsichtiger Mann sonst umgethan haben. Also, Maus, überlege nicht lange, laß Deine Scrupel und renne mit an." (Fortsetzung folgt.) Die Brücke von Montereau. Historische Skizze von Alexander Patuzzi. (Fortsetzung.) Fünf Tage waren seitdem verflossen; Boten wurden zwischen den feindlichen Häuptern gewechselt. Noaillcs und Duchatcl hatten immer geheime Zusammenkünfte mit Ritter Giac, indcß sie öffentlich sich gegenseitig entfernt hielten. Herzog Johann war heiter, trieb seine Vergnügungen nach wie vor fort und äußerte sich öfters, daß dieses alles ohnehin bald sein Ende er reichen würde. Ein rauher, windiger Hcrbstmorgen nach ganz Hei lerin,'wolkenlosem Abend, der einen schönen Tag ver sprochen, begann der 9. September 1419. Die Yonne rollte ihre Wellen vom Wind gepeitscht rascher unter der Brücke fort, welche von den Hammerschlägen vieler Arbeiter erdröhnte, die beschäftigt waren, quer über dieselbe eine hölzerne Loge von ungefähr zwanzig Schuh zu errichten. Zu beiden Seiten waren Soldaten aus gestellt, deren Bestimmung war, den Andrang des Volkes abzuwehren und die Eilfertigen in ihrer unge störten Arbeit zu beschützen. Auf mehreren aufge schichteten Balken saß ein ungefähr achtundvierzig- jährigcr Mann,' dessen struppig herabhängendes schwar zes Haar, die Nachlässigkeit seiner Kleidung deutlich zeigte, daß die Eilfertigkeit, womit er gcrciset war, den Bau der Loge zu leiten, ihm nicht erlaubt hatte, sein Rcifecostum mit einem zierlicher» zu vertauschen oder nur zu ordnen. Stakt des Degens hing an seiner Seite eine Streitaxt, mit der er manchmal gedankenlos spielte, indeß sein Blick im finstern Sinnen den Boden suchte. Neben demselben, von ihm unbeachtet, saß ein jün gerer schöner Mann, in reicher, zierlicher Rittertracht, dessen jugendliche Züge mit der hinbrütendcn Stellung sonderbar contrastirten. Es war Duchatel und Giac. Um beide drängte sich eine Masse Volkes, bald die selben, bald die Arbeiter betrachtend. Unter demselben zeichnete sich ein dicker kürbisköpsiger Mann mit rotben Wangen aus, der einem wandelnden Fasse nicht un ähnlich war. Die eine Hand behaglich in den Leder gurt steckend, mit der andern sich über den Bauch streichend, als wollte er berechnen, ob derselbe noch einer Ausdehnung fähig sei, sprach er zu seinem Nach bar, einem jungen Manne mit kräftiger Gestalt und entschlossenen Zügen: „Das ist ein Glück, daß unser gnädigster Herr Dauphin und mein Herr Herzog von Burgund be schlossen haben in unserer glücklichen Vaterstadt Mon- tcrcau den Frieden zu beschwören." „Für Euch wohl, Herr Weinschenk," sprach der Andere, der weniger Enthusiast schien, „weil Ihr hofft, einige Thalcr mehr in Euren Beutel fallen zu sehen. Aber ob es auch ein Glück für die Stadt ist, weiß ich nicht." „Wie das, Pierre?" riefen mehrere aus dem Volke. „Erinnert Euch, wie bei ihrer ersten Zusammen kunft zu Ponccau, gleich nach Beendigung derselben, sich ein Orkan erhob, so furchtbar in seinem Rasen, wie ihn noch keiner erlebt batte, im Augenblicke war der unbewölkte Himmel schwarz überzogen und ein Blitz spaltete einen von den zwei Bäumen, unter wel chen sich die Herren umarmt hatten und schmetterte ihn zu Boden, indcß der andere aufrecht stehen blieb, da sie doch wie aus einem Stamme gewachsen waren. Es war ein böses Zeichen, denn bald brachen die Feind, seligkciten aus. Warum," fuhr er fort und streckte die Hand empor, „warum fällt in unserm heitern Lande jetzt eben Schnee, da wir erst Anfangs im September sind. Ich glaube die Zeichen beginnen." In der That sielen vom trüben Himmel die