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341 war lebhaft enthusiastisch und, was außerordentlich selten bei jungen Leuten der Fall ist, nicht im Minde- - sten affektirt. Ihm gegenüber war man nicht gezwun gen, den großen Mann im Angehen, die verkannte und unterdrückte geistige Macht zu ahnen; er war ein wah rer Schweizer hinsichtlich seiner Freimüthigkeit und sei nes gesunden Verstandes, gewissermaßen ein Deutscher in Bezug auf sein Gefühl und seine Zutraulichkeit; er hatte nichts Französisches, und darüber freute sich M e- tella außerordentlich. Gegen das Ende des Balles kam der Graf wieder zu ihnen und da er sie beisammen antraf, -freute er sich und jubelte im Herzen über seine Geschicklichkeit. Er ließ es geschehen, daß Olivicr der Lady Mow- bray den Arm bot, um ssie zum Wagen zu begleiten, und folgte ihnen mit einer wahren Ehemanns - Dis kretion. Am andern Morgen sprach er sich gegen Mctella über den jungen Schweizer mit'der größten Anerken nung aus und veranlaßte sie, ihn schriftlich zu Tische einzuladcn. Nach Tische veranstaltete, er, daß man ihn wegen einer angeblichen unvorhergesehenen Angelegen heit wcgrief, und ließ die Beiden den ganzen Abend beisammen. Als er allein und zu Fuß zurückkam, sah j-» er zwei junge Bürger der Stadt vor dem Balkon der Lady Mowbray stehen und um ihre Unterhaltung mit ; I - anzubören, blieb er ebenfalls stehen. „Siehst Du die Gestalt der Lady Mowbray im Mondeslicht? Man könnte sie für eine schöne Statue ,> auf einer Terrasse halten." „Der Graf ist auch ein schöner Manu. Wie lang I und schmächtig!" „Das ist nicht der Graf von Buondclmontc; der ist um einen ganzen Kopf länger. Wer Teufel ist das doch? Ich kenne ihn nicht." „Es ist der junge Herzog von Asti." „Nicht doch, ich habe ihn eben erst in der Sänfte gesehen." „Bah! große Damen haben so viel Anbeter, be sonders diese, die so schön ist! Der Graf von Buon- delmonte muß stolz sein!" . . . „Ein Einfaltspinsel ist er. Ihm macht es Spaß, der dicken deutschen Prinzessin mit ihren Fayence-Augen und Macaroni - Händen den Hof zu machen, während in der Stadt ein junger Ausländer neulich angekommcn ist, welcher Mad. Metella seinen Arm bietet und sich . jeden Tag, ihr zu gefallen, siebenmal anders anzicht." „Ah, wahrhaftig! das ist der, welchen wir oben auf dem Balkon sehen. Er scheint sich nicht zu lang weilen." „Ich an seiner Stelle würde mich auch nicht lang weilen." „Buondelmonte muß doch recht dumm sein!" Der Gras trat in den Palast und durchschritt hastig die Vorzimmer. An der Thür zum Balkon blieb er stehen und betrachteteM eteila undOlivier, deren Silhouet ten bei dem schönen Abende und dem reinen, durchsichti gen Himmel sich deutlich abzeichneten. Er fand den Genfer ziemlich nahe bei seiner Geliebten; zwar sah diese nach einer andern Seite und schien über irgend etwas in Nachdenken versunken zu sein, allein in der italienischen Brust des Grafen wurde ein Gefühl von Eifersucht und beleidigtem Stolz rege. Er näherte sich und sprach mit ihnen von gleichgültigen Dingen. Als sie alle drei in den Saal zurückkehrten, bemerkte Buondel monte ganz laut, daß Metella wahrscheinlich zer streut gewesen wäre, denn sie hatte die Kerzen nicht anzünden lassen, und er stieß sich, che er zur Klingel gelangte, erst an einige Möbeln, wodurch seine schlechte Laune vollends den höchsten Grad erreichte. 'Der junge Olivier war nicht geckenhaft genug, um sich cinzubilden, daß er Metella über die Ver nachlässigung ihres Geliebten trösten könne. Ob sie ihm gleich keinen nähern Aufschluß darüber gegeben, so hatte er doch mir Leichtigkeit ihren Kummer ergrün det und durchschaute den Grund desselben. Er beklagte sie deßhalb aufrichtig und liebte sie um so mehr. Diese Theilnahme, verbunden mit einem gewissen Unwillen über die Spötteleien des Grafen, flößte ihm Lust ein, sich ihm entgegen zu setzen. Mit Freuden bemerkte er, daß an die Stelle jener ungemeinen affektirten Höflich keit Aerger getreten war; er nahm daher den Faden der Unterhaltung wieder auf, aber in einem sentimentalen Tone, welcher dem Grafen in seiner Stimmung nur zuwider sän konnte und seine üble Laune bedeutend vermehrte. Metella sah mit Erstaunen, daß ihr Lieb haber noch eines Gefühls von Eifersucht fähig sei, freute sich jedoch darüber und gefiel sich, als Frau, darin, cs dadurch zu steigern, daß sie gegen den Genfer außer ordentlich aufmerksam war. War dieß eine Bosheit, so war sie zu entschuldigen, und der Graf hatte sie wohl verdient. Er wurde hitzig und streitsüchtig, und da Lady Mowbray sähe, daß Olivier große Lust hatte, ihm Widerpart zu halten, und eine lächerliche Scene befürchtete, so gab sie dem jungen Manne zu verstehen, daß er sich zurückziehen möge. Olivier