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340 „Ach," erwiderte Metclla, „ick fühle nicht mehr die Gelenkigkeit, die ich früher besaß, mein Gang ist nicht mehr so leicht; wie es scheint, nehme ich ab und werde jeden Tag eine Linie kleiner." „Sie sind aber auch zu aufrichtig, zu gut, meine theure Lady," sagte der Graf mit gedämpfter Stimme. r,Sie müssen dieß nicht sagen, besonders vor Ihren Kammcrjungfern. Das sind Schwätzerinnen, die es in der ganzen Stadt ausposaunen werden." „Ich habe eine Verrätherin, die lauter sprechen wird als jene," entgcgnete Metclla, „und das ist Ihre Gleichgültigkeit." „Ach, immer und ewig Vorwürfe; mein Gott, wie doch eine Frau, die sich für beleidigt hält, grausam in ihren Klagen und ausdauernd in ihrer Rache ist!" „Rache? Ich? Rache?" fragte Metclla. „Nicht doch, ich gebrauchte ein falsches Wort, theure Lady, Sie sind sanft und großmüthig; habe ich je daran gezweifelt? Wir wollen uns nicht zanken, aber, um des Himmels willen! nehmen Sie nicht diese nie dergeschlagene, traurige Miene an. Ihr Kopfschmuck ist ziemlich schlicht, finden Sie es nicht auch?" „Sie lieben ja diese glatten Kopfbinden mit einem diamantnen Stirnbande ..." „Ich finde, daß Ihnen jetzt die längs der Wangen herabfallendcn Flechten, wie sie bei den Königinnen im Mittelalter gewöhnlich waren, noch besser stehen." „Es ist wahr, meine Wangen sind nicht mehr sehr rund, und mit Flechten sieht man sie weniger. Fran ziska , mache mir Flechten!" „Metclla," sagte der Graf, als sie ihren Kopf putz geordnet, „warum legen Sie nicht Roth auf?" „Ach! es ist also Zeit, daß ich auflege," antwortete sie traurig; „ich schmeichelte mir, das nie nöthig zu haben." „Das ist Thorheit, meine Theure! Legt nicht alle Welt Roth auf? Selbst junge Damen lhun es." „Sie hassen die Schminke und haben mir früher oft gesagt, daß sie meine Blässe einer erkünstelten Röthe verziehen würden." „Aber, als Sie das letzte Mal ausgingen, hat man Sic sehr blaß gefunden... . Man geht auf den Ball nicht allein wegen seines Geliebten." „Ich gehe heute blos Ihretwegen hin, das schwöre ich Ihnen." „Ah, Mylady, ich muß Ihnen sagen, daß das nicht stets so war! Sonst waren Sie etwas stolz auf Ihre Triumphe." „Ihretwegen war ich darauf stolz, Luigi; jetzt, wo sic entschwinden und ich sehe, daß Sie daruntei leiden, möchte ich mich lieber verbergen. Ich möchd die Sonne auslöschcn und mit Ihnen in der Finster niß leben." „Ah, Mylady, Ihre poetische Ader ergießt sich. Id habe stets Ihren Byron mit der schönen Seite, wo e die Finsterniß beschreibt, aufgcschlagen gefunden; ii wundere mich gar nickt, Sie mit düsteren Gedanke zu sehen. Wohlan! das Roth steht Ihnen ausgczciä net. Beschauen Sie sich, sie sind entzückend. Vo wärts, Franziska, die Handschuhe und den Schlei für Mylady; hier überreiche ich Ihnen Ihr Bouqru Metclla; ich habe es gebracht und möchte dieses Vo recht nicht einbüßcn." Metclla nahm das Bouquet und sah den Graf zärtlich mit einem Lächeln auf den Lippen und ein Thräne in den Augen an. „Kommen Sie, mei Theure," sagte er, „Sie werden noch ein Mal t Königin des Balles sein." Der Ball war großartig bis zur Verschwendun aber durch einen spaßhaften Zufall, dergleichen in d Welt oft Vorkommen, sah man unter den anwesend! Damen fast lauter häßliche und alte; von den jung! und anmuthigen waren nur wenige wahrhaft schö Lady Mowbray erfreute sich daher des grüßten >ß folgs, und Olivier, der gar nicht erwartet hatte s> hier zu finden, überließ sich ganz ungezwungen ir. Bewunderung. Sobald als der Graf ihn bei Lt> Mowbray sähe, entfernte er sich, und sobald erbe merkte, daß sie sich trennten, nahm er Olivierar den Arm und führte ihn unter dem ersten besten 3on wände zu Metclla zurück. „Sie sagten mir urtev wegs, daß Sie Goethe gesehen hätten," sagte er zr )e>r jungen Reisenden, „sprechen Sie doch üb Mylady; sie hört so gern von dem alten chcn, daß sie mich erpreß nach Weimar scl um ihr genau alle Dimensionen seines ß ben zu können. Zum Gluck für mich stc Mann in dem Augenblicke, wo ich mich begeben wollte." Buondcl monte d den letzten Worten sehr geschickt auf d und ließ Olivier mit Lady Mowbra sprechen. Metclla, die ihn anfangs mit wohl lichkeil empfangen hatte, hörte ihn nach Interesse an. Olivier hatte nicht ü> Geist, aber er hatte viele und gute Bü