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282 mehr Mühe, als es mir sonst machte, den Plan eines Feldzuges anzuordnen. Nichtsdestoweniger wollen wir daran;" — er rasirte sich daher, aber in Zwischenräu men, denn er mußte mehre Male inne halten. Endlich war er fertig, und legte sich für den Rest des Mor gens wieder nieder. Lady Holland hatte einige Bücher gesendet, und unter andern auch den Gipsabguß eines Kopfes mit den verschiedenen Organen nach dem System Gall's und Spurzheim's. Er trug Antommarchi auf, den Kopf zu prüfen und ihm seine Ansicht mitzulheilen. Napoleon selbst hatte keine günstige Meinung von der Phrenologie, stellte die Verfasser in eine Reihe mit Lavatcr, Eagliostro und Mesmer, und sagte, er habe Gall nie vor sich lassen wollen, obschon Eor Vi sa rt sehr in ihn gedrungen hatte, es zu thun. Gegen die Mitte des Monats wurden seine Lebensgeister im mer mehr darnieder gedrückt, und eine leichenähnliche Kälte bemächtigte sich seiner unteren Extremitäten. „Ach! Doktor," rief er aus, „wie leide ich! Warum schonten meiner die Kanonenkugeln, um mich in einem so erbärmlichen Zustande sterben zu lassen? ich, der ich so thätig und munter war, kann jetzt kaum meine Augenlider erheben," — und er schloß die'Augen. Indessen raffte er sich gegen die Neige dieses Tages auf, setzte sich auf das Svpha, und ließ sich, wiewohl mit Widerstreben bewegen, etwas zu sich zu nehmen. Die Gräfin Bcrtrand kam in das Gemach; er schlug ihr vor, ihn auf seinen künftigen Spazierritten zu be gleiten. „Wir werden früh des Morgens aufbrechen, und die frische Lust genießen, Appetit gewinnen und den Einfluß des Klima's vernichten. Sie, die kleine Hortensie und ich, wir befinden uns am schlechtesten; wir müssen unsere Anstrengungen vereinigen, um dem Klima sein Opfer zu entreißen." Da man der Dienste des Abbe Bonavita, der von Rom mitgesendet wor den war, nicht länger bedurfte, drückte der Kaiser den Wunsch ans, daß er nach Europa zurückkehre; er schiffte sich am 17. ein. Napoleon fragte Antommarchi, ob derselbe bei seiner Rückkehr nach Rom gut empfan gen werden würde, und als letzterer schwieg, sagte er, „wenigstens sollte er es, denn ich weiß nicht, was aus der Kirche ohne mich geworden wäre." Die Krankheit des Kaisers wurde immer bedenk licher, so daß sich Antommarchi nicht langer ganz auf seine eigenen Ansichten verlassen durfte. Napoleon verbat sich jeden Arzt, den der Gouverneur empfahl, endlich wurde vr. Arnott, Arzt des 20. Regiments gerufen. Er wurde in das Zimmer des Kranken cin- gefübrt, die Fenster waren verhangen, auch ließ Na poleon kein Licht in dasselbe bringen; er prüfte den Puls und die übrigen Symptome, und wurde ersucht, seinen Besuch am nächsten Tage zu wiederholen. Dieß geschah am 7. April. Der dienstthuende Ofsicier, wel cher sich über die Anwesenheit Napoleon s zu verge wissern hatte, mußte jeden Tag einen Bericht an den Gouverneur senden, daß er ihn wirklich gesehen habe; der Kaiser hatte aber das Bett seit dem 17. März gehütet, so daß cs unmöglich war, diesen Theil seines Auftrags auszuführen. Sir Hudson Lowe witterte Verrath. Er kam mit seinem Gefolge nach Longwood, machte die Runde um das Haus, sah nichts, geriet!) in Zorn, und bedrohte den Ofsicier mit der strengsten Strafe, wenn er sich nicht selbst von der Anwesenheit desGencral Buon aparte überzeugte. Der Ofsicier war in großer Verlegenheit, da aber das Gemach glück licher Weise im Erdgeschosse war, so richteten es Mon- tholon und Marchand (der Kammerdiener) so ein, daß er, indem zu einem verabredeten Augenblicke der Vorhang weggezogcn wurde, durchsetzen und nun sagen konnte, er habe Napoleon wirklich gesehen. Dieß be friedigte jedoch den Gouverneur nicht, welcher erklärte, daß, wenn am 30. März oder den folgenden Tag sein Agent nicht zu dem General Buonaparte gelassen wer den sollte, er mit seinem Stab kommen, und den Ein gang erzwingen würde, die Folgen möchten welche im mer sein. Alle Vorstellungen waren umsonst, und die Drohung wäre wahrscheinlich in Erfüllung gegan- gangcn, wenn nicht Napolcoo's Einwilligung, die Be suche des englischen Arztes anzunchmcn, die Schwierig keit gehoben hatte, und von dem Gouverneur als ein hinreichender Beweis, daß der Gefangene sich zeige, angesehen worden wäre. Die Satelliten Sir Hndson Lowe's empfahlen um diese Periode, Napoleon in das neue und bequeme, für ihn errichtete Haus zu übcr- bringen, „damit," sagte Antommarchi, „er, der in der Hütte ermordet worden, in einem Palaste völlig ver scheiden möge." Der Kaiser lehnte auf den Rath sei nes Arztes diese Ehre ab. tFortfetzung folgt.) Geschichte der Liebe. Die Schöpfung wäre nichts gewesen, als ein glän zendes, daucrloses Schauspiel, hätte die Vorsicht nicht, durch ewige Wiedererzeugungen, in unwandelbarer Ord-