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258 die Hauptstadt ihres Reiches Paris. Ihr einziger Zweck geht dahin, zu gefallen; ihre Wesenheit ist Abwechselung; sie belohnt durch Beifall und straft durch Lächerlichkeit: dieß sind ihre einzigen Kräfte, ihre einzigen Waffen, aber nichts kann ihnen widerstehen. Voltaire hat sie in folgenden Versen sehr treffend geschildert: „tt est »ne deesss incvnstante, incommode, ^ Lirurre duns ses 60"ts, toll« en ses ornemens, Qui Margit, suit, rvvient, et nult dun» to»s tes tems; krotee elult son per«, et son nom c'est tu mode." Diese Göttin ist eine immerwährende und fast alle zeit siegreiche Feindin des Verstandes. Der Verstand sagt zu den Menschen: thut, was ihr thun sollt! Die Mode gicbt ihnen im Gcgenthcil den ausdrücklichen Befehl: thut, was die Andern thun! Es ist nicht nöthig zu erweisen, daß es dann das Gebot der Mode sei, dem man jederzeit nachkommt. Was bei dieser universellen Unterwerfung in Ver wunderung setzen muß, ist, daß sie augenscheinlich ge gen ihren eigenen Zweck zu wirken scheint. In der That sind die Wünsche der Modelieblinge auf den Glanz und das Gefallen gerichtet; nun aber lassen sich glänzende Erfolge nur durch Auszeichnung erreichen. Ist es also nicht das übelste Mittel, um zu glänzen und sich zu diftinguiren, das zu thun, was die Andern thun; sich zu kleiden, wie die Menge, zu reden, wie alle Leute, denen man begegnet; nur die überkommene Meinung zu erhalten, und sich zu betragen, wie alle Welt? Unsere französischen Damen waren Anfangs wie Nonnen gekleidet, in der Folge nahmen sie das sehr ähnliche Costum der römischen Damen bald kam eine herzförmige Coiffüre in Gebrauch; darauf folgten die lächerlichsten Hörner, und auf diese die Pyramiden und Kegel, bald wurden sie durch niedrige Nachthäub chen und kurz darauf durch Fedcrhüte, wie die der Män ner, ersetzt. Das Blvßtragen der Schultern und des Busens war am Hofe Jsabellens von Bayern entstanden. Anna von Bretagne verwandelte die weiße Farbe der Trauer in Schwarz. Unter Franz I. sah man die monströsen Reifröcke, welche die Damen zu pyramidalischen Lhürmcn entstellten, entstehen. Franz U. brachte die künstlichen Bäuche auf. Die Hoffrauen erfanden eine andere Gattung ganz entge gengesetzter Anzüge, welche zu nennen der Anstand nicht wohl erlaubt. Katharina von Medicis trieb die Klciderpracht bis zur Ausschweifung; sie lernte, wie den Franzosen die Ränke, den Französinnen die Schminke kennen. Der übertriebene Mißbrauch, den man damals von den Tressen machte, ist eine arge Anklage der Hof- sittcn. Heinrich IV. brachte den guten Geschmack und die Einfachheit zurück; die reichen Kleider gestattete er nur den Gaunern und Freudenmädchen. Und wenn man in den aufgeputztcn Eollets und Halskrägcn seiner Zeit etwas Schwülstiges findet, so knüpfen sich so viel süße Erinnerungen daran, daß sie unter dem Schutze des Urthcils stehen; auch kann man sich nickt entschlie ßen, in Heinrichs und Gabrielcns Putz etwas Lächerliches zu finden. Bald verschwanden die Moden des guten Hein richs, wie seine offene Staatskunst und seine ritter liche Munterkeit; man legte Bart und Mantel ab; man sah jene mit Bändern gezierten Kniebauschcn entstehen, jene langen und weiten, von einem bis zum andern Ende bcknöpften Röcke, jene rothen, aufgeroll- tcn Strümpfe, jene eckigen Schuhe, die ein so plum pes und lächerliches Ganze bildeten, und jene enormen Perücken, welche die Köpfe von Ludwigs XIV. Courtisanen entstellt hätten, wenn sie nicht so herrlich mit Palmen, Myrthen und Lorbeeren geschmückt gewe sen wären. Tagebuch einH^frciwilli'g sich zu Tode hungernden. «Beschluß.) Viterbi hatte gewünscht, feierlich zu Pcnta beerdigt zu werden. Kaum wurde sein Tod bekannt, als sich 000 Bauern auf dm Weg machten, um seinen Leich nam von Bastia abzuholen. Sie erfuhren jedoch, daß man ihn mit ungelöschtem Kalk überschüttet habe, und daß die Gruft von einer Gcnsd'armerie-Brigade be wacht werde. Etwa 100 verfügten sich dessenungeachtet nach der Stadt, um sich des Körpers wo möglich mit Gewalt zu bemächtigen; doch ohne Erfolg. Witerbi's außerordentliches Ende erregte großes Auf sehen zu Bastia und auf der ganzen Insel. Uebcrall wurde di-ss'/xl, „nd alle Brüderschaften trafen