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40 Grafen von Dundonald. Er heirathete sie als Wittwe; sie hatte mit dem Grafen Dun der in kurzer Ehe gelebt. Die Schlacht bei Killikranky kostete ihrem ersten Gemahl das Leben, und die junge schöne Wittwe fand ohngefähr ein Jahr nach dieser Begebenheit in der Bekanntschaft mit dem Grafen Kilsyth Veranlassung zu dieser zweiten Ehe. Bei einem Besuche auf den Gütern seiner Familie hatte sich jene angeknüpft. Ein goldener Ring, an der Außenseite mit Myrthen geziert, an der innern mit der Inschrift: ^our« onl^ »ml «vor (Dein, einzig und ewig), schloß das schöne Bündnis;. Festlich ward die Vermählung gefeiert, aber schon den Tag nachher verlor die Lady, beim Spazieren gehen im Garten, ihren Ring von dem Finger. Man hielt diesen Verlust für eine üble Vorbedeutung, und bot große Belohnung dem, der ihn wieder sin-- den würde. Keine Stelle in dem Garten blieb un- durchsucht, undurchwühlt, allein der Ring ward nicht wieder gefunden. So unter traurigen Aussichten be gann die neue Ehe, und so wenig der Verlust des Ringes daran Schuld sein konnte, so war und blieb und endete sic doch sehr traurig. Erst im Jahre 1786, beinahe hundert Jahre nachher, fand dwsen Ring der damalige Besitzer des Gartens wiedek, als er bei dem Umgraben ein Stück Erde zerschlug. Graf Kilsyth verwickelte sich nach seiner Ver bindung mit der schönen Lady in die bürgerlichen Unruhen und Verschwörungen, welche im Anfänge des achtzehnten Jahrhunderts Schottlands innern Wohlstand zerrütteten; er mußte mit andern Großen dem Schwerte der Rache entfliehen, und ward im Jahre 1715 seiner Titel, Aemtcr und Güter ver lustig erklärt. Mit ihm floh seine Gattin nach Flan dern; seine ganze Familie traf mit ihm gleiches Un glück. Mehr als einmal wagte der Graf heimliche Rückkehr, durchzog die Gegenden, die ihm sonst ge hört hatten, in schlechter Bcttlcrklcidung, und ward von seinem ehemaligen Dienst- und Lehnleuten be herbergt, und im Stillen unterstützt. Auf die trau rigste Weise fand er in Holland sein Grab. Dort hatten sich mehre von den Großen aus Schottland gesammelt, und berathschlagtcn sich oft heimlich in einem abgelegenen Hause; aber der Arm ihrer Feinde reichte bis dahin, und was offenbare Gewalt dort nicht vermochte, mußten List und bübischer Verrath vollbringen. Durch Gold geblendet, bot der Eigen tümer des Hauses die Hand dazu. Es war um das Jahr 1717, als bei einer wie derholten Versammlung dieser Unglücklichen die Decke des Saales plötzlich cinstürztc, und die meisten er schlug. Kaum einige entkamen. Der Hauseigen tümer hatte mit Hilfe einiger Mitgedungenen die Btllken, welche die Decke hielten, durchsägt, die nun auf ein gegebenes Zeichen nicderstürzten. Lady Kilsyth war nebst ihrem Gatten und einzigen ganz kleinen Sohne, der auf ihrem Schooße saß, unter den Erschlagenen. Ihre und des kleinen Sohnes Leiche wurden kostbar zubereitet, um sic gegen die Verwesung zu schützen, und nach Schott land gebracht, wo sie unter großen kirchlichen Feier lichkeiten in der Familiengruft zu Kilsyth beigesetzt wurden. Beide Leichen lagen in einem starken eichenen Sarge, diesen umschloß ein bleierner, diesen wieder ein starker hölzerner; aller Raum zwischen dem innersten hölzernen und bleiernen Sarge war mit einer weißen, aus wohlriechenden Harzen und Kräu tern zusammengesetzten Masse ausgcfüllt, die durch ihre kittartige Festigkeit das Eindringen der Luft verhinderte,. Ein fester Kitt war über das Ganze gezogen. In der Gruft zerfiel endlich nach mehren Jahren der äußere hölzerne Sarg; der bleierne wurde nun sichtbar, aber er widerstand lange. Endlich begann die Zeit ihr verderbliches Gewerbe auch an ihm; die ohnehin dünnen Bleiplatten wurden bald so zerstört, daß es nur des Drucks eines Fingers bedurfte, um diese zweite Umgebung zu durchstoßen. Hinter ihr zeigte sich jene kittartige Ausfüllung. Als die Neugierde etwas wcgnahm, ward ihr der innerste hölzerne Sarg sichtbar, dessen Neuheit aufsicl. Aber bis zum Jahre I796-.begnügten sich die Neugierigen mit diesen äußern Bemerkungen; damals ließen sich einige junge Leute die,,Gruft zeigen, und ihr roher Muthwille unternahm es, den bleiernen Sarg auf- zubrcchcn. Wie sehr erstaunten sie, darunter den Deckel des hölzernen Sarges so rein und unversehrt zu finden, als wäre er erst kürzlich verfertigt. Dabei blieb cs nicht; sic öffneten auch diesen, und ihr Er staunen war grenzenlos, als sie in dem Sarge die Leichen der Lady und ihres Sohnes erblickten, so ganz unversehrt, unberührt von Fäulniß, daß sic mehr zu schlafen als todt zu sein schienen. An der einen Wange der Mutter verbarg ein schwarzes Pflaster die Wunde, wodurch sie getödtet worden war. Jene Frevler, welche zuerst gewaltsam den Sarg geöffnet hatten, hüteten sich anfangs, davon zu