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39 alte Rechte und Gewohnheiten enthaltendes Tebit- schauer-Buch berühmte Ctibor Towaizowsky von Cymburg, auf einer Reise von Znaym nach Ollmütz, von mehren Herren und Rittern begleitet, zufällig nach Prödlitz, wo er die Nacht über zu bleiben gedachte. Kaum hatte sich der Ruf von der Ankunft Cti- bor's verbreitet, als Bolka, die älteste Tochter Nachna's, ein Mädchen von fünfzehn Jahren, athem- los sich zu seinen Füßen warf und um Gnade für ihre Mutter bat, die, wie sie sich naiv ausdrückte, deshalb verbrannt werden sollte, „weil sie Krebse gegessen hatte." — Die anwesenden Fremden brachen in ein lautes Gelächter aus, nur Ctibor und Malowar, sein Edclknappe, blieben ernst. Letzterer, von dem Jammer der jungen schönen Dirne gerührt, vereinigte seine Bitten mit der ihrigen: Ctibor versprach blos, die Sache ihrer Mutter zu untersuchen, und gebot den Schöppen, die Hinrichtung aufzuschiebcn, und sich mit der Gefangenen am Morgen vor ihm zu stellen. Durch dieß, noch mehr aber durch Malowar, der den Worten Ctibor's die erfreulichste Deutung gab, getröstet, kehrte Bolka hoffend zu ihren jüngern Geschwistern zurück. Am folgenden Morgen schlug Ctibor nach der damaligen Sitte auf dem öffentlichen Ringplatze seinen Richterstuhl auf. Die Verurtheilte, von Scher gen begleitet, und die Schöppen traten vor, und im Kreise herum stand die gaffende Volksmenge. Ctibor ließ sich erst von den Schöppen, dann von der Vcr- urthcilten, endlich von Einigen, die er aus dem Wolke zu sich rief, den Borgang mit allen Umstän den erzählen. „Dieß Weib," sagte er endlich sehr ernst, „wurde deßhalb zum Feuertode verurtheilt, weil sie die große Hungersnot!) hcrvorgebracht; hat sie dieß gcthan, so ist -das Urtheil eben so weise als gerecht." — Stolz sahen die Schöppen und Stadt richter vor sich hin; — Malowar, der unter der Menge Bolka bemerkte, zitterte. — „Nur Eines fehlt noch," fuhr Ctibor fort, „die Beweise." — „Sie selbst gestand ihre Schuld," entgegnete Bene sch der Stadtrichter. — „So fühle denn, Elender," fuhr ihn Ctibor an, „so fühle denn die Nichtigkeit Deines Beweises." Aus sein Gebot kam ein Züch tiger mit seinen Folterwerkzeugen herzu, dem Ctibor befahl, den Stadtrichter so lange zu peinigen, bis sich dieser selbst als den Urheber der erlittenen Hungersnoth anklagen würde. Vergebens war das Flehen des armen Schneidcrleins. Ein Wink Cti bor's, und der Züchtiger begann sein Amt; allein der erste Nagel, der dem Unbesonnenen in die Finger geschlagen wurde, zwang ihm das geforderte Be- kenntniß ab, und endigte die Folter. „Nun," herrschte ihm Ctibor zu, „solltest eigentlich Du und die Schöppen nach Deinem eigenen Urtheile gerichtet werden." Einen Augenblick ließ er sie in fürchterlicher Angst; beruhigte sie aber wieder, sprach Rach na förmlich los und gebot, ihr die Fesseln abzunehmen. Während Bolka und Malowar zu der vor Freu den Ohnmächtigen hineilten, belehrte Ctibor die Anwesenden, daß Rach na nicht nur nicht die Ur heberin der Hungersnoth sei, sondern den Dank der ganzen Gemeinde dadurch erworben habe, daß sie diese mit einem neuen wohlschmeckenden Nahrungs mittel bekannt gemacht, das in fremden Landen längst besonders beliebt gewesen sei. Es wurde nun ein Mahl bereitet, zu dem die von dem Landeshauptmann reichlich beschenkte Rachna so viele Krebse liefern mußte, als möglich war. Rachna mit ihren Kindern und die sämmtlichen Gerichtsgeffchworenen und Zechmeister des Städtchens mußten neben Ctibor und seinen Gefährten an den: Mahle Theil nehmen. Krebse wurden aufge tischt, wacker griffen die edlen Herren und Ritter zu. Dieß und der fröhlich kreisende Becher machte endlich den Schöppen Muth, sie wagten es, die Krebse zu kosten und fanden sie gut. Fiedler und Pfeifer fanden sich ein, Bolka und Malowar begannen den Tanz, und der nächste Jahrestag traf Beide als ein glückliches Paar. Malowar's Nachkommen, die sich Chraustensky von Ma lowar nannten, führten zum Andenken an diese Begebenheit zwei Krebsschecren im Wappen. Entdeckung einer Mumie. Graf William Kilsyth gehörte zu den An hängern des Prätendenten von Schottland, dessen mühevolles Leben unter oft erneuerten, vergeblichen Versuchen, sich die Krone seiner Väter wieder auf das Haupt zu setzen, rühmlos hinschlich. William's Gattin, Lady Johanna, war die Tochter des Lords William Cochrane, aus der Familie der