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20 sie nicht den Staat, die Armee oder einen sonstigen wichtigen Gegenstand beträfe, durch die Unter-In stanzen wandern zu lassen. Einer aus der Gesell schaft, der Gcrichtsverwalter, entgegnete: „Ja, wenn Jhro Erccllenz, oder ein anderer Dero Standes an den König etwas gelangen lassen, so glaube ich sehr gern, daß eine allcrgnädigste Antwort erfolgen würde. Wollte aber unser bürgerlicher Herr Wirth, oder meine juristische Wenigkeit ein solches Wagstück versuchen, so...." „Nein, nein, bester Freund," unterbrach ihn der Sekretär, „mag unser wohl- thätiger Wirth an den Aönig schreiben; die Ant wort, wenn auch noch so lakonisch, erfolgt ge wiß." Dieser Streit gab dann zu einer scherzhaften Wette Anlaß, und der Diskurs nahm einen andern Gang. Herr L..., oder vielmehr dessen mit an wesender Bruder, hatte aber doch Lust, ganz im Geheim — es konnte ja wenigstens nichts schaden — eine Probe zu machen. Glücklicherweise erfand man eine schickliche Veranlassung. L... schrieb nämlich an den König: er sei Besitzer des Gutes Mois, wo in dem glorreichen siebenjährigen Kriege, bei der Aktion am Jöckelsberge, der General von Winter feld geblieben wäre. Glücklich würde er sich schätzen, auf dem benannten Berge zur Ehre des so ruhmvoll gefallenen Helden, durch Errichtung eines öffentlichen Denkmals, etwas beitragen zu können. Er bäte da her Sr. Majestät um allergnädiaste Erlgubniß hierin, und, damit dgA Monument den Verdiensten des Cannes, dessen Namen und Thatcn es bezeichnen sollte, angemessen sein möchte, um eine huldreichste Unterstützung. So ungefähr war der einfache Inhalt des Briefs, welchen der Gutsherr an seinen Sohn, der eben auf der Schule zu Bunzlau sich befand, unter Ein schluß mit dem Geheiß überschickte, ihn auf die dor tige Post zu geben. Der Postmeister stutzte, wie der junge Mensch einen Brief mit der Adresse: Hoi n I'oträsm. übcrbringt, und warnt ihn freundschaftlich, nicht etwa eine ungeziemende Bitte oder einen belletristi schen Spaß sich zu erlauben. Der junge Mann, der übrigens von dem ganzen Handel nichts weiß, versichert in aller Unschuld, wie der Brief von seinem Vater und der Inhalt ihm ganz unbekannt sei. „Nun, so muß ich ihn ohne Widerrede annehmen," erwiederte der Postmeister. Wenige Wochen waren vergangen, als auf der Post zu Görlitz ein Brief mit der Aufschrift: tV» 8io»r InnAliC ä Alois. einlief. Graf Anhalt, welcher eben dort gegenwär tig war, den Brief liegen sieht und das königl. Privatsiegel erkennt, ließ ihn sogleich par Lstakvtt« nach Mois befördern, und ritt des folgenden^Tages selbst hinaus. „Nun? wer hat die Wette gewonnen oder verloren? Was haben Sie geschrieben? Was hat der alte Fritz geantwortet?" L... kann nun nicht ausweichen, der Brief wird herbeigeschafft und lautete also: Besonders lieber!') Eure Idee, dem General von Winterfeld auf eurem Jöckelsberge ein Monument errichten zu lassen, hat meinen Beifall, und macht Euch Ehre. re. Euer affektionirter kN. Gras Anhalt, über des Königs Beifall noch mehr, als der Briefsteller selbst, entzückt, bringt so gleich Subscriptionen, Zeichnungen, Modelle und Künstler in Vorschlag, verspricht an alle Generale der Preuß. und Sächs. Armee zu schreiben, Beiträge einzusammeln, selbst damit den Anfang zu machen, und somit ein Monument aufzustellen, wie gewiß Sachsen noch keines aufzuweiscn hätte. — 'Allein Gras Anhalt ging bald nachher in Russische Dienste nach Petersburg, die Subscription kam nicht zu Stande, die Idee blieb Idee, und an den Jöckels- berg würde Niemand wieder gedacht haben, wenn nicht, als dort im Jahre 1813 das Napoleonsfest gefeiert wurde, der kahle Felsen, der jetzt nur Schaase und Raubthicre kümmerlich ernährt, wiederum eine ephemcridische Eclcbrität erlangt hätte. *) Diesen Brief besitzt sonder Zweifel der damalige Guts herr, Herr Steuer-Sekretär Lingke, noch im Original. Ich wünschte, daß ich die Abschrift davon nicht verlegt hätte, um ihn mit diplomatischer Genauigkeit und nicht nur im Extrakt mitthcilcn zu können. So viel weiß ich aber mit Gewißheit, daß darum kein allerhöchster Beitrag erfolgte, weil bereits zur Ehre des Generals von Winterfeld Denkmäler auf dem Wilhelmsplatze und in der Garnisonkirche errichtet worden waren. Die Worte, wie dieses ausgedrückt war, sind mir entfallen. Druck von <T. P. Mclzcr in Leipzig.