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270 zeigte, nachdem er gefressen, sogleich wieder seinen ehemaligen Muth und sein Feuer. Das Gefecht war glücklich; die Kosacken flohen unter Geheul, doch ein Schuß verwundete Felix und tödtete Pcter'n das Pferd unter dem Leibe. „Unrecht Gut gedeiht nicht!" sagte Peter, in dem er sich von seinem Fall wieder aufrichtete, um seinem Offizier zu Hilfe zu eilen. Darauf lenkten Beide ihre Schritte nach der Beresina. Schon der Errichtung der Brücken stellten sich große Schwierigkeiten entgegen; die eine war für den Uebergang der Infanterie und Cavalerie be stimmt, die andere für die Artillerie und die Ba- gagewagcn. Alles drängte sich in wilder Eile, und je größer das Gedränge wurde, desto gefahrvoller ward auch der Uebergang. Man stieß sich, man kroch unter den Füßen der Pferde weg; die Reiter geriethen in Streit mit dem Fußvolke, die Soldaten mit den Offizieren; das Geschrei, das Flehen der Weiber, Kinder, Verwundeten ward in dieser fürchterlichen Verwirrung nicht vernommen, wo sich nur der Trieb der Selbsterhaltung geltend machte. „Sein Sie ruhig, mein Herr Capitän," sagte Peter, „ich will mich voraus drängen und Ihnen den Weg bahnen. Platz," schrie er, „Platz für einen verwundeten Offizier!" „Nein, mein armer Peter, fang keinen Streit an; in solchen Augenblicken wird kein Vorrecht an erkannt." Er wendete die Blicke von diesem entsetzlichen und herzzerreißenden Schauspiel ab, und zog sich an's Ufer zurück. Bald glaubte er eine Stelle ge sunden zu haben, wo das Eis einen sichern Ucber- gang hoffen ließ; da sagte er zu Pcter'n, er solle vorsichtig vorausgehen, und folgte ihm, seinem Fa- vori die Sporen gebend. Schon meinten sie sich gerettet — da brach das Eis — Peter begann zu schwimmen; das Roß, vor dem kalten Wasser er schreckend, drohte zu sinken. „Fürchten Sie nichts, Herr Capitän," stöhnte Peter, sich an's User anklammernd. „Wersen Sie mir Favori's Zügel zu." Dieß geschah und während Peter mit starkem Arm das Roß zu sich zieht, setzt der Capilän die Sporen ein; das brave Thier erhebt sich kräftig und saßt endlich Fuß am Ufer. — Ach, viele versuchten auf gleiche Weise so über den Fluß zu kommen, aber nur wenige waren so glücklich, als der Capitän und Peter! Als der Abend hereingebrochen war, fand der Capitän in der Nähe seines Kaisers ein Unter kommen in einer schlechten Baracke. Nachdem er seine Wunde untersucht und verbunden, sank er einer kurzen Ruhe in die Arme; am andern Morgen folgte er mit seinem treuen Lancier den Colonnen, welche sich nach Wilna wendeten. (Beschluß folgt.) Liclicsklängc. Als ich an deinem Haus vorüberschlich. In tiefer Nacht, Hab' ich die Hand' erhoben, Geliebtes Kind, zum Segen über dich — Wie leuchteten die kleinen Sterne droben I Dir hat vielleicht ein Traum mein Bild gezeigt, Und liebend hast du dich zu mir geneigt; Herz, macht dich Traum von einem Traum so schlagen, Wie sollst du erst des Traums Erfüllung tragen ! Die Liebste hat geweint im Traum; noch blinken An ihren Wimpern Helle Thräncntropfcn — Da öffnet sich die Thür nach leisem Klcpfen, Und Eltern und Geschwister lächelnd winken! Sic bringen Gaben ihr zum Wiegenfest, Wie sind die Thränen da so schnell verronnen! Wenn nächt'ger Lhau die Blume hat genäßt, Dann küßt sie strahlender das Licht der Sonnen. Sic war mir fern an ihrem Wicgcntage, Da Hab' ich, von wchmüth'gcr Lust durchdrungen, Ihr Bild mit einem Blüthcnkranz umschlungen; Und als ich Abends schweift' im stillen Hage, War um den Mond ein farbenreicher Bogen, Gleich meinem Kranz um Liebchens Bild, gezogen; Beglückt hat mich so holder Zauberschein, Wie ein vertraulich sel'ges Stelldichein. Julius Hammer. Ob ich dich liebe? Schnell ist Ja gesagt, Wenn Lieben eins geworden ist mit Leben; Wie ich dich liebe? ist so leicht gefragt, Doch o wie schwer ist Antwort drauf gegeben! - Ob ich dich liebe? Zweifle nimmer dran, Es hieße zweifeln an des Lebens Leben; Wie ich dich liebe? O, laß mich fortan Mein ganzes Leben dir zur Antwort geben! Druck von L. P. Mclzcr in Leipzig.