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266 wird von einer Explosion begleitet, die den gewissen losen Redner tödien wür.de! Gedenken Sie Ihrer barbarischen Handlungsweise gegen jene Familie, die Sie entehrt und zu Grunde gerichtet haben; ge denken Sie! — Schreiben Sie, ich bin des War tens müde." Cornelius schrieb, vor Schmerz weinend: „Hunderttausend Franken." „Geben Sie jetzt Herrn Schirmer die Feder, der dieselbe Note schreiben wird, nur mit dem Unter schiede, daß er anstatt hunderttausend Franken hun- dertundfunfzigtausend setzt." „Wehe!" stöhnte Schirmer. „Sie haben gehört, was ich Herrn Cornelius gesagt habe. Keine Discussion, bitt' ich. Sie kennen jetzt das Geschäft, weshalb ich Sie zu er scheinen bat." Schirmer schrieb das Verlangte in der stillen Hoffnung, daß ein Glücksumstand die Ablieferung der Summe verhindern werde. „Nun zu Ihnen," ries jetzt Leo mit lauterhobcner Stimme, „zu Ihnen, mein Herr Hoffmann! Ich will Ihnen nicht verhehlen, daß ich ganz besonders Ihretwegen hier bin. „Schreiben Sie." „Was verlangen Sie von mir?" „Schreiben Sie — zweimalhunderttausend Fran ken." „Aber —" „Wünschen Sie etwa, daß ich die Zahl ver mehre?" Dabei zündete sich Leo eine neue Cigarre an. „Aber das heißt mich ruinircn!" „O, Sie haben Andere viel besser ruinirt. Er innern Sie sich des Herrn Herder? Erinnern Sie sich Margarethens?" Bei den letzten Worten wurden Lco's Züge so drohend, ein so entsetzliches Feuer sprühte aus seinen Augen, daß Hoffmann's Feder wie von selbst über das Papier lief. „Ich hoffe, meine Herren," sprach Leo, „daß Ihre Kasse Ihrer Forderung Genüge leisten wird. Ich weiß, daß Sie diese Woche große Zahlungen erhalten haben; das paßt sich trefflich. Was sind übrigens für Sie die Summen, die Sie mir geben? Bagatelle, nicht wahr?" Das Kleeblatt schnitt abscheuliche Gesichter. Leo schellte jetzt heftig; ein junger Mensch trat ein, empfing die drei Billets und begab sich eilig hinweg. „Nun, meine Herren," sprach Leo, „haben Sie die Güte, in dieses Gemach einzutrcten. Sie finden dort ein Frühstück servirt. Machen Sie keinen Ver such, vor Abends acht Uhr das Zimmer zu ver lassen; sobald Sic die Thürc öffnen, wäre es um Sie geschähen. Ich empfehle mich, meine Herren, aber an meiner Stelle lasse ich mit einem hübschen Vorrath von Cigarren jenen jungen Menschen zurück, den Sie gesehen haben. Er hat eine unglückliche Liebe und geht schon längst damit um, sich ein Leid anzuthun. Verstehen Sie? Sorgen Sie also dafür, daß sich die Thür nicht öffne!" Er ging. „Nein, dieser Mensch geht zu weit!" rief Cornelius. Schirmer murmelte etwas vom Galgen. In diesem Augenblick erschütterte das Gerassel einer Postchaise die Fenster des Zimmers. Leo wollte wahrscheinlich die Bemerkung des Herrn Corne- lius,'nur in anderem Sinne, wahrmachen. Mehre Wochen lang stellte man die genausten Nachforschungen an — doch vergeblich! Schon beschäftigte man sich in Wien nicht mehr mit dieser interessanten Angelegenheit, als an die Hospitäler und die Armen der Stadt eine Summe von drei hunderttausend Franken als Schen kung eingesandt-wurde. Der Geber blieb völlig unbekannt. Zwei Familien, deren Ruin notorisch Corne lius nebst seinen säubern College» verschuldet hatte, erhielten zu derselben Zeit hundertundfunfzig- tauscnd Franken. Niemand konnte nähere Auf klärung geben. Im Anfänge des Jahres 1841 lebte Leo, der indessen Margarethen geheirathet hatte, in ein geschränkten Umständen zu Paris und gab in einer öffentlichen Anstalt, so wie bei einigen reichen Fa milien, Unterricht in der deutschen Sprache.