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265 beschäftigen, wegen welcher ich von Paris gckommm bin. Haben Sie die Güte, an diesem Tische Platz zu nehmen, auf dem sich die nöthigcn Schreibmate rialien finden." Dabei deutete er auf einen runden Tisch, der mit einem grünen bis zum Boden reichenden Tuche bedeckt war'und der durch seine Größe sich vor dem übrigen Mobiliar auszcichncte. — „Aber in der Thal, meine Herren," fuhr Leo fort, „ich hätte mich zuvor entschuldigen sollen, daß ich in Ihrer geschätzten Gegenwart so wenig Umstände mache." Er zeigte seine Cigarre, die er eben rauchte. „Mein Gott," entgcgncte Schirmer, „das ist ja so Mode." „In Paris allerdings," versetzte Leo, „dort pflegt man in allen Comptoirs zu rauchen." „Wirklich?" „Wenigstens bei unscrm berühmten Geschäfts freund, Herrn Fould, wird im Comptoir geraucht; das ist gewiß." „Sehr originell!" „Also, mein Herr," sprach jetzt Hoffmann, dem die Unterhaltung vom Rauchen zu lang zu wer den begann, — „cs handelt sich um eine Unter nehmung — " „Um eine gezwungene, mein Herr!" „Wie?" „Ich sage, es handelt sich um eine gezwungene Unternehmung," wiederholte Leo kalt. „Sie wollen ohne Zweifel sagen," erläuterte Cornelius, „daß das Geschäft nothwendig durch Umstände bedingt ist, die — ich meine nämlich, da Ihnen die deutsche Sprache, obgleich Sie sie vor trefflich sprechen, nicht mehr so geläufig ist, daß Sie sich im Ausdrucke geirrt haben werden; eine ge zwungene Unternehmung bedeutet —" „Bedeutet eine Unternehmung, welcher man sich durchaus nicht entziehen kann." „Aber dann begreif' ich nicht —" „Sie sollen mich sogleich begreifen." Die drei Gcldmcnschcn sahen sich einander er staunt an. „Herr Cornelius," sprach Leo mit Entschie denheit, „haben Sie die Güte die Feder zu nehmen und zu schreiben." Cornelius ergriff eine Feder und tauchte sie in die Tinte. Wie heißt Ihr Cassiercr?" Stcinbcrg." Schreiben Sie: „„Ich ersuche Herrn Stein- bcrg dem Ueberbringer dieses —"" „Dieses." „„Hunderttausend Franken in Bankbillets oder Gold zu übergeben."" — Nun, Sic schreiben nicht?" „Was soll das heißen?" ries Cornelius, sich erhebend. „Bleiben Sie sitzen, mein Herr," sagte Leo ruhig. „Daß keiner von den drei Herren seinen Sitz verläßt — bei Gefahr des Todes!" Und während das Kleeblatt vor Verwunderung und Schrecken starr blieb, fuhr Leo fort: „Wenn nur der leiseste Schrei, die geringste Be wegung von Ihrer Seite mich zwingen sollte, meine ruhige Haltung zu verlassen, so werf' ich meine bren nende Cigarre unter diesen bedeckten Tisch und wir springen zusammen — in die Luft!" Das Kleeblatt fuhr schaudernd zusammen. Mit einem Lächeln sprach Leo weiter: „Noch fürchten Sie nichts, meine Herren; Sie sehen, daß ich meine Cigarre noch fest zwischen den Fingern halte. — Ich habe jetzt kaum mehr nöthig, Ihnen zu sagen, daß unter dem Tische eine gute Parthie Pulver liegt und daß von diesem ein Pulverstreif zu meinem Platze läuft, von welchem aus ich die Ehre habe, mit Ihnen zu verhandeln. Also ruhig, wenn ich bitten darf!" Das wohl accentuirte Wörtchen Pulver machte die armseligen Schächer erbleichen, welche indessen starr dasaßen, wie die Bildsäulen. Nur mit ihren Augen verfolgten sie angstvoll die Bewegung und Richtung der verhängnißvollen Cigarre, welche ihnen in diesem Augenblick eben so furchtbar erschien, als die Lunte an einer geladenen Kanone, wenn sie vor der Mündung einer solchen hätten stehen müssen. Nachdem sich Leo ein Welchen an dem Ent setzen erfreut hatte, das seine Worte hcrvorgebracht, sing er von Neuem zu dictiren an, indem er sich wieder zu Cornelius wendete: „Ich ersuche Herrn Steinberg, u. s. w.— Sie werden die Güte haben hinzuzufügen, daß von der Beschleunigung des Auftrags die Ehre und das Glück Ihres Hauses abhänge." „Aber das ist ein —" „Endigen Sie nicht, mein Herr," sagte Leo streng, „oder das Wort, das Sie noch hinzusetzen,