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mögen nicht, frei zu machen; sie stürzen vielmehr in alle Gefahren falscher Sicherheit. Dagegen gestehe sich jeder seine schwachen Seiten; diese suche er zu befestigen. Das geschieht nun nicht bloß durch unmittelbare Wachsamkeit; sondern hierbei kommt im wirklichen Leben die ganze Wechselwirkung des Menschen und seiner Umgebung in Betracht. Wie das Wollen ursprünglich aus dem Gedankenkreise hervorging, so leitet cs hinwiederum die fernere Bildung desselben durch die Wahl der Beschäftigungen und Hilfsmittel. Bibel und Gesangbuch sind unendlich wichtige Stützen der Selbstbeherrschung. Manchem auch kommt Horaz und Cicero zuhilse. "V, 159. Dem Manne verzeiht man eher die excitiercnden, dem Weibe die depri mierenden Affekten. So lange der Charakter des Weibes natürlich bleibt, trennt sich bei ihm schwerlich die Tugend ganz vom Streben nach dem Glück. Aber das edle Weib findet sein Glück nicht im Genuß; sondern in der gelingenden An schließung und Fürsorge. Der weibliche Charakter reißt sich nicht los, macht nicht Anspruch an Selbständigkeit, kennt keine Fichteschc noch Kantsche Sitten lehre; wohl aber sämtliche praktischen Jdeeen.— Auch dem Manne darf die natürliche Weichheit nicht verloren gehen; er hat sonst durch sein moralisches Streben der geistigen Gesundheit geschadet. VII, 677. Alles, was man Schwäche des Geistes nennen kann, wird sich entweder auf Unwissenheit oder auf ein Ausbleiben des rechten Gedankens im rechten Augenblicke zurückführen lassen. Das Ausbleiben des rechten Gedankens wird zur Ursache positiver Ver kehrtheiten, wenn eine Vorstellungsreihe, die von jenem Gedanken würde zurückgehalten worden sein, indem sie nun von der ihr nötigen Hemmung frei bleibt, hervortritt, und sich auf eine Art äußert, die bei wicderkehrender Besinnung wird gemißbilligt werden. Diejenigen Fälle, wo der rechte Gedanke zu wenig Energie besitzt, so daß auch, wenn er ins Bewußtsein tritt, er dennoch die entgegengesetzte Vor stellungsreihe nicht überwindet, sondern sich unter ihr beugt, müssen hier ab gesondert werden; sie ergeben im Theoretischen Vorurteile, im Praktischen moralische Verderbnis und eigentliche Bösartigkeit. VI, 431. Nichts ist gewisser, als daß der wahrhaft gesunde Mensch seinen Körper nicht fühlt. X, 364. Wer seinen Lieblingsgedanken ohne Äiaß nachhängt; wer seine Phantasie ein Spiel treiben läßt, das heftige Empfindungen steigert, die man bändigen sollte; wer äußeren Eindrücken sich zu sehr entzieht, und die Bekanntschaft mit der Welt verliert; wer es vernachlässigt, das Gewagte seiner Vermutungen, das Ungewisse seiner Hoffnungen, zuverlässigen Thatsachen gegenüberzustellen; wer, anstatt Erkundigungen einzuziehen, anstatt Proben anzustellen, anstatt gründliche Wissenschaft zu studieren, lieber Meinungen ausbrütet, und diesen seine Stimmung preisgiebt: der gräbt sich selbst die Grube, in welche ein leichter Zufall, der das Nervensystem schwächt, ihn hinabstoßen kann. VI, 448. Sehr selten ist dasjenige, was man am meisten zu wissen wünscht, zugleich das, was sich am ersten erforschen läßt. I, 577. Behaupten ist leicht; untersuchen ist schwer! III, 296. .— .... Irrtum des sogenannten Materialismus, der übrigens in Ansehung der Materie noch verkehrter ist als in Ansehung der Seele. V, 78.