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die Keimlinge die Samenhülle und treiben ihre Würzelchen hervor unter scheinbar viel ungünstigeren Verhältnissen, als die im vorigen Sommer gegebenen waren. Daraus sieht man, daß auch die reifen Samen in ihrem Innern noch eine Umwandlung durchmachen müssen; ihre Stoffe müssen sich noch weiter umsetzen, ehe sie zum Keimen verwendbar sind. Der Gärtner sagt: solche Samen müssen „abliegen" oder „nachreifen"; denn sie können auch durch erhöhte Wärme und Feuchtigkeit nicht zu früherem Austreiben angeregt werden (Hasel und Buchennüsse, Mandeln, Eicheln rc.). Doch giebt es auch Samen, die einer solchen Ruhezeit nicht zu bedürfen scheinen. Es sind dies besonders die Samen einer Menge von Unkräutern (Kresse, Ackersenf, Hedrich, auch die Gerste und andere Getreidearten rc.), die zu jeder Jahreszeit, sowie ihnen die nötige Wärme und Feuchtigkeit zugeführt wird, sofort keimen. Es ist ja ebenso bekannt, daß auch andere Pflanzenteile (besonders die Erdstengel der Tulpen, des Maiglöckchens, der Meerzwiebel, des Schnee- und Märzenglöckchens, die Stengel des Flieders und Veilchens) durch Darbietung besonderer Wärme und Feuchtigkeit getrieben werden können. Mit dem Alter der Samen nimmt ihre Keimfähigkeit oder Keimkraft ab (Proben mit mehrjährigem Getreide; beim Lein zieht man jedoch vorjährigen Samen vor). Trocken aufbewahrte Samen bewahren ihre Keimfähigkeit länger als feucht liegende, und unvoll ständig ausgereifte Samen verlieren ihre Keimkraft früher als ganz reife. Nach neueren Versuchen bewahren die Samen ihre Keim fähigkeit im allgemeinen höchstens 40 Jahre, und zwar Dolden pflanzen, Kreuzblütler und Kopfblütler etwa 8 Jahre, die Lilien gewächse 10, die Nadelhölzer 12, die Hülsenfrüchtler aber über 40 Jahre. >Ii. Die Gärtner rechnen auf volle Keimkraft bei Kerbelrüben, Rapünzchen, Pastinak, Hafer- und Zuckerwurzel, Löwenzahn 1—2 Jahre Mohrrüben, Petersilie, Zwiebeln, Salat, Gewürzkräuter, Linse, Bohne 3—4 „ Alle Arten Kohl, Kohlrabi, Rettich, Radieschen, Spinat, Erbsen . 4—5 „ Runkel- und Salatrüben, Artischocken, Saubohnen, Kürbis . . . 5—6 „ Cichorie, Mangold, Gurke, Melone, Tomate 6—8 „ Getrocknete Gemüsesamen aus dem Herbarium des berühmten Botanikers Tournefort keimten im königlichen Garten zu Paris, ob gleich sie über 100 Jahre alt waren. Daß bei der Keimung auch Wärme entwickelt wird, kann man schon bei der Bereitung des Malzes aus der Gerste sehen; denn der Mälzer muß die keimende Gerste oft wenden und ausbreiten; ließe er sie in Haufen beisammen, so würde sich bald so viel Wärme ent wickeln, daß diese die Keimung störte. Ebenso atmen die keimenden Samen bei ihrer Entwickelung kräftig, und je mehr sie atmen können,