Die Fruchtblätter. 249 2. Die Samen- und Fruchtbildung tritt infolge der Übertragung des Blütenstaubes ein. Dies kann man durch sogenannte Befruch tungsversuche (künstliche Befruchtung) beweisen. Diese kann man mit unter leicht an Topfpflanzen (Fuchsien rc.) anstellen, indem man an einer Pflanze durch Abschneiden der Staubgefäße und Aufstellung in einem gesonderten Raume die Befruchtung verhindert, an einer an dern nach Abschneiden der Staubgefäße die Bestäubung mit einem feinen Pinsel durch Blütenstaub von einer fremden Blüte vollzieht. Bei der ersten Pflanze fallen die welken unentwickelten Fruchtknoten mit den verwelkten Blüten ab, während die zweite an ihren Blüten braunrote Beeren hervorbringt. Wenn man etwas dreiprozentige Rohrzuckerlösung auf ein Glas plättchen bringt, dazu eine geringe Menge Gelatine fügt und nun vorsichtig ein wenig Blütenstaub darüber stäubt, so kann man aus den Zellen des Blütenstaubes bald Schläuche hervortreiben sehen. Genau derselbe Vorgang wird, wenn der Blütenstaub auf einer reifen Narbe angelangt ist, durch die Narbenfeuchtigkeit (die ebenfalls Zucker enthält) angeregt. Ein Schlauch, der den gesamten Inhalt der Blütenstaubzelle enthält, tritt aus ihr hervor, läßt diese als tote ausgeleerte Hülse zurück und wächst durch den Staubweg hinab in die Höhle des Fruchtknotens und dort weiter durch den Keim mund bis in den Keimkern der Samenanlagen, wo die Befruchtung erfolgt, nach welcher der Keimkern zu einem Samen, auswächst. Dabei werden die Hüllen des Keimkerns zur Samenschale und die Fruchtknotenwand zur Fruchtschale. Wir sehen aus alledem, daß von allen Gebilden der Blüte eigentlich nur die Samenanlagen und die Blütenstaubzellen unentbehrlich sind; die übrigen dienen nur dazu, diese Werkzeuge auszubilden und zu schützen und zu rechter Zeit in Berührung zu bringen. 2. Wenn der Blütenstaub auf die Narbe gelangt, so wachsen seine Körner zu Schläuchen ans, die durch die Röhre des Staubwegcs in die Frucht- knotcnhöhle und hier durch den Kcimmund der Samenanlagen in den Keim kern eindringcn, wo die Befruchtung erfolgt, wonach der Keimkcrn zum Samen auswächst. Tabci werden seine Hüllen zur Samenschale und die Frncht- knotcnwand zur Frnchthülle. 3. Man könnte nun meinen, es sei das bequemste und sicherste Mittel für eine regelrechte Erzeugung des Samens, wenn der Blüten staub aus den Staubbeuteln auf die Narbe derselben Blüte gelangt; stehen sie ja doch in einer Blüte beieinander. Durch Versuche (CH. Darwin) ist aber bewiesen, daß die kräftigsten und widerstands fähigsten, zahlreichsten und keimfähigsten Samen dann erzeugt werden, wenn der Blütenstaub der einen Blüte auf die Narbe einer andern übertragen wird (s. o. Befruchtungsversuche), da die Selbstbestäubung und Selbstbefruchtung, namentlich wenn sie durch mehrere Geschlechter