98 Menschenkunde. liebte Verstorbene, unterhalten uns mit ihnen rc., oder es rollen sich hervorragende, oft längst vergangene Begebenheiten (Prüfungen rc.) unseres Lebens nochmals, aber in oft sonderbarer Zusammenstellung, vor uns ab. Es wird dabei im Schlafe irgend ein Hirncentrum erregt, und die dadurch erweckte Vorstellung führt andere herbei, sich unwillkürlich mit ihnen verknüpfend (daher der Name Associations träume), ohne daß die Verknüpfung durch den Verstand geregelt würde. Andere Träume entstehen aus Empfindungen, die während des Schlafes (aber wegen der Hemmung der Gehirnthätigkeit in der Regel nicht rein) auftreten. Wird während des Schlafes z. B. in unserer Nähe eine Thür zugeschlagen, und wir hören das, aber ohne aufzuwachen, so erscheint uns das dadurch entstehende Geräusch im Traume vielleicht als Schuß. Strecken wir im Schlafe einen Fuß aus dem Bette, so träumen wir, wir treten damit ins Wasser; denn die durch die Bewegung und das Kältegefühl erregte Muskelempsindung gelangt zwar zum Bewußtsein, wird aber nicht der Wirklichkeit ent sprechend aufgefaßt (appercipiert). Derartige Träume nennt man deshalb auch Apperceptionsträume. Am häufigsten mögen Wohl dabei die Träume sein, die mit falschen Auffassungen (Apperceptionen) beginnen und sich dann in falschen Verknüpfungen (Associationen) fort setzen. Wie oft träumt man infolge im Schlafe entblößter Füße und dergl., daß man in mangelhafter Bekleidung in Gesellschaft erscheine, oder man hat infolge falscher Atembewegung (oder auch wenn nach langer Lage auf einer und derselben Körperfläche das Druckgefühl in ihr verschwindet und eine gewisse Unempfindlichkeit der Haut an dieser Stelle dafür eintritt) das Gefühl des Fliegens, oder man träumt in folge einer schiefen Lage, man hänge am Rande eines Abgrundes. Oft hat man auch den Traum des Herunterfallens aus einer Höhe beim Herabgleiten eines Körperteiles vom Lager. Zuletzt mögen auch die mannigfaltigen Angstträume jedesmal auf eine Behinderung in der Atmung, dem Blutlaufe oder in Überfüllung der Verdauungs werkzeuge oder Störung der Verdauung und dergl. sich zurückführen lassen. Man träumt z. B. dann oft, man will ein Ziel erreichen; aber es türmen sich Hindernisse über Hindernisse auf, die uns daran hindern, oder wir werden dadurch aufgehalten, daß wir zu spät zum Ziele kommen. Aus allen diesen Erscheinungen sehen wir, daß die Träume von einer unvollständigen Hemmung unserer Gehirnthätigkeit während des Schlafes herrühren. Sie können darum auch nicht die ihnen in der Meinung Abergläubischer zugeschriebene Bedeutung haben. Eine Bedeutung aber haben sie sicher: Ein Mensch, der fortdauernd an beängstigenden Träumen leidet und infolgedessen eines erquicken den Schlafes entbehrt, der kann daraus sicher entnehmen, daß et was in seinem Körper oder in seiner Lebensweise nicht in der Ord nung ist.