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17 4. Der Semeis n»s der Iwcckmiißiykrit der Welk. (Line höhere Stufe ersteigt die Erkenntniß Gottes im zweiten Be weis. Nicht auf das Dasein und die Einheit, sondern auf die Ver nünftigkeit der Welt beruft er sich. „Wie sind deine Werke so groß und so viel, du hast sie alle weislich geordnet." Es ist bekannt, wie ober flächlich und trivial dieser Beweis geführt ward. Wir haben keinen Grund, die Spielereien zu widerlegen, die aus Brockes „irdischem Ver gnügen in Gott" hinlänglich bekannt sind. Richtig gefaßt, schließt dieser Beiveis so: Das Ganze muß da sein vor den Theilen und unabhängig von ihnen, sonst kann es die Theile nicht beherrschen und zum Ganzen ordnen. .Nanu es denn Theile eines Ganzen geben, wenn das Ganze nur die Theile ist und sie das Ganze? Kann denn das Ganze einen Fortschritt ertragen, wenn es nicht schon vollendet da ist, während es nach Vollendung ringt? Man bestreitet nicht, daß die Welt eine er habene Einheit bildet, daß sie ihrer Vollendung unablässig zureift. Gerade der neueste Atheismus gründet sich auf den Nachweis, daß Natur und Geist nur Einen Verlauf geschichtlicher Entwicklung bilden. Was man leugnet, hat man dabei vorausgesetzt, das Dasein Gottes, in dem bereits alles vollendet ist, was durch die fortschreitende Weltent wicklung nur zur Offenbarung und Darstellung kommt. Aber was heißt denn das: es ist das Ganze da vor den Theilen? und wie ist es da? Wo die Zukunft nicht erst auf die Gegenwart folgt, sondern bereits in ihr vorhanden ist, ja ihr vorausgeht, da waltet der Zweck. Es ist das eigenthümliche Wesen der Vernunft, des Denkens, Zwecke setzen und also die Zukunft im Voraus besitzen zu können. Das scheint der schneidendste Widerspruch zu sein: die Zukunft in der Geg^iwart zu haben und also planvoll sie herbeizuführen. Warum herbeiführen, was man hat? Da tritt der Unterschied von Ideal und Wirklichkeit ein. Im Zweck besitzt die Gegenwart das Ideal der Zu kunft, die Zukunft wird das Ideal in Wirklichkeit umfetzen. Das Ganze ist vor den Theilen, aber nur als wirkendes Ideal, nicht als äußere Wirklichkeit. Die Welt ist in Gott als das Ideal alles zukünftigen Daseins vorhanden. Gott ist auf ideale Weise, was die Welt werden soll. Die fortgehende Schöpfung der Welt ist eine fortgehende Arbeit geistiger Thätigkeit. Die Welt selbst ist der Zweck dieser Arbeit. Also der Geist, die Vernunft ist die Kraft, die sie ins Leben ruft, gestaltet, leitet. Sie trügt das Gepräge des Geistes, in all ihren Theilen spiegelt sich die ewige Vernunft, der sie entspringt, der Zweck, der sie beherrscht 2