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— 15 — darum müssen sie dem Wesen entspringen. Woher wüßte man, daß etwas, daß alles nur Erscheinung ist, fehlte das Wesen, also der Maßstab, den Schein als Schein zu erkennen? Wir sehen schon hier, wie ein Beweis hinüberspielt in den anderen. Einfach nur das Daß in das Auge zu fassen, das ist nicht möglich. Wir sind schon in das Wie hinübergekommen. Doch lassen wir das fürcrst. Auf keinen Fall ist die Wahrheit zu erschüttern, daß wir das Un vollkommene niemals erklären und begreifen können, bleiben wir bei ihm stehen, setzen mir nicht das Bollkommene voraus. Doch man tritt auch auf die andre der beiden Seiten hinüber, gestaltet dies zu einem eignen Beweise und sagt: das Bollkommne kann gar nicht Nichtsein; „es ist eine unmittelbare Gewißheit, daß das Größte, das Schönste und Werth vollste nicht bloßer Gedanke, sondern Wirklichkeit sein muß, weil es unerträglich au sich sein würde, vou dem Ideal zu glauben, daß es eine Vorstellung sei, die das Denken wohl in seiner Arbeit erzeugt, die aber iu der Wirklichkeit kein Dasein, keine Macht und keine Gültigkeit habe. Wäre das Grüßte nicht, so wäre das Größte nicht, und es wäre ja unmöglich, daß das Größte von allem Denkbaren nicht wäre." (Lotze.) Bor allem das Denken kann seine Arbeit nur thun in der Boraussetzung, daß die Wahrheit wirklich ist. In der Welt ist nur die werdende Wahrheit; so muß die Wahrheit noch eine andere Wirk lichkeit haben als in der Welt, sollen wir nicht ablassen, in der Arbeit, sie zu suchen. Das ist im Grunde kein neuer Beweis. Alan hat auch hier die Unvollkommenheit der Welt in Erinnerung. Alan glaubt an das Unbedingte, dessen Dasein sich selbst bezeugt, je mehr die Hinfällig keit des Bedingten fühlbar wird. Jedenfalls ist dieser Nachweis berechtigt, der darthut, daß das Vergängliche die Sehnsucht nach dem Ewigen in sich trägt, daß die Welt zu Gott führt. Darum verzichte man auch im Unterricht auf seine Anwendung nicht. Der Glaube muß sich klar darüber werden, wodurch er geweckt und veranlaßt wird, und wie der Mensch zu Gott kommt. Iu welcher Form dieser Nachweis in der Unterweisung zu führen ist, das wird nach der Fassungskraft der Schüler sich zu richten haben. Ein jegliches Haus wird von jemand bereitet, der aber alles bereitet, das ist Gott. So heißt es im Hebräerbriefe (3, 4). In dieser Formulirung wird häufig der Schluß vom Dasein der Welt auf das Dasein Gottes vorgetrageu. Das ist bedenklich. Man stellt sich dann Gott in einem so äußerlichen Verhältniß zur Welt vor, daß die