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nicht, wie viel wir überhaupt von jedem menschlichen Unternehmen, in Gottes Wesen einzudringen, erwarten können. Genau muß die Grenz linie des Erreichbaren bezeichnet werden; denn das Zuviel ist eben so gefahrvoll wie das Zuwenig. Jenes führt zu nichtigem, den Ernst des Lebens zerstörenden: Spiel der Phantasie; dies raubt der Seele die freudige Erhebung zu den höchsten Zielen des Lebens. Also: kann der Mensch die Tiefen der Gottheit erfassen und ergründen? Gott wird nur durch Gott erkannt. Der Satz steht als eine Warnungstafel am Anfang unseres Weges. Nie dürfen wir ihn ver gessen. All unser Denken bewegt sich in Begriffen, die ihre Geltung nur im Gebiet des Endlichen haben. Sie alle setzen voraus, daß ein zelne, endliche Dinge sich auf einander beziehn. Ursache, Wirkung, Zahl, Raum, Zeit, das alles sind Begriffe, die uns den Dienst ver sagen, treten wir im Geist dem Wesen Gottes gegenüber. Denn das Wechselspiel von Ursache und Wirkung, die Aufeinanderfolge der Zahlen, das räumliche Nebeneinander, das zeitliche Nacheinander, das alles findet sich nur in dein aus lauter Endlichen: bestehenden Leben der Welt. Wir haben nicht Gott, wir haben nur die Welt zum zweiten Male gedacht, machen wir den Versuch, durch solche Begriffe das Wesen Gottes zum Ausdruck zu bringen. Wie oft ist der Versuch gewagt worden; aber immer ist er gescheitert. Die glänzendsten Schöpfungen unsrer Philosophen beweisen das ebenso wie die Lehren der Kirche. In jeden: entwickelten Gottesbegriff ist leicht die wunde Stelle zu finden, an der das Unterfangen Schiffbruch leidet, das Unendliche durch end liche Begriffe zu erfassen. Ungelöste und unlösbare Widersprüche, Ver- endlichungen aller Art trägt jeder Gottesbegriff in sich. Diesen: Ge menge sich entreißend und doch festhaltend an der Hoffnung einen erschöpfenden Gottesbegriff gewinnen zu können, hat Hegel gar in den Grundbegriffen des Endlichen das Wesen Gottes gefunden. Aber nicht ungestraft träumt man den Riesentraum, das Wesen Gottes erschöpfend darlegen zu wollen. Gott und die Welt, die Religion und die Philo sophie ist dem gewaltigen Denker über diesem Beginnen verloren ge gangen. Von: Ufer dieser Welt aus wirft der Mensch einen Blick auf das Meer der Unendlichkeit Gottes. Weiteres ist ihn: nicht vergönnt. Lehrreich wäre es, auf eine Besprechung mindestens der neuern Lehren vom Wesen Gottes einzugehen, die bedeutende Geistesarbeit kennen zu lernen, die auf die Lösung einer unlösbaren Aufgabe gewendet ist. Dadurch würde am Besten sich zeigen lassen, wie aussichtslos der Ver-