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Die Magenverdauung. 23 jemand einen Stoff auflösen will, so wird er dazu nicht ein Gefäß wählen, welches aus demselben Stoffe besteht. Will ein Chemiker z. B. Zinn in kalter etwas verdünnter Salpetersäure auflösen, so thut er dies nicht in einem Gefäße aus Zinn; denn dasselbe würde ebenso zerfressen und aufgelöst werden wie die hineingeworfenen Zinnstückchen, sondern in einem Gefäße aus Glas (oder Platin), welchem die Sal petersäure nichts anhaben kann. Wir lösen in unserm Magen Fleisch auf, in einem Gefäße von Fleisch, welches noch dazu die auflösende Flüssigkeit erst abgesondert hat. AL. Die aus dem Tierreiche stammenden Eiweißstoffe sind den Angriffen des Magensaftes viel zugänglicher als die aus dem Pflanzenreiche stammenden, deren unverdauliche Zellwände die Einwirkung hindern. Pflanzenkost ist darum unter Umständen keineswegs leichter verdaulich als Fleischnahrung, und gutes Kauen ist zum Verdauen der Gemüsesorten unumgänglich nötig. Darum ist auch das Kauen bei allen von Pflanzennahrung lebenden Tieren (Wiederkäuern) un gleich wichtiger als bei Fleischfressern, bei denen es oft ganz unterbleibt. Überblicken wir die chemischen Umwandlungen, welche die Nährstoffe in dem Magen erleiden, so ergiebt sich g,. Der Mundfpeichel setzt die beim Kauen begonnene Um wandlung der Stärke in Traubenzucker fort. (Stärke ist in Wasser unlöslich; selbst wenn sie lange gekocht wird, löst sie sich nicht eigentlich, sondern quillt nur auf, verteilt sich in demselben und geht nicht durch die Poren der Häute. Zucker dagegen ist leicht auflöslich und gehorcht dem Gesetze der Ausgleichung). Er kann aber diese Arbeit nur zum Teil bewältigen (der andere bleibt dem im Zwölf fingerdärme dazutretenden Bauchspeichel überlassen). b. Der Magensaft löst zunächst das Eiweiß und die leim gebenden Stoffe der Nahrungsmittel auf und verwandelt sie in Flüssigkeiten, die sich leicht aufsaugen lassen. o. Der erwähnte nicht umgewandelte größere Teil des Stärkemehls, das durch die Magenwärme flüssig gewordene Fett, der Zucker und alles, was von den aufgelösten Nahrungs mitteln noch übrig ist, bildet mit den aufgelösten Bestandteilen endlich einen gleichförmigen grauen Brei (etwa wie dicke Erbsen suppe), den Speisebrei (Chymus). ä. Infolge dieser chemischen Vorgänge entwickelt sich im Magen Kohlensäure, welche aus dem Blute stammt, und Wasserstoffgas (durch Umsetzung des Stärkemehls), welche beide, falls sie sich zu reichlich gebildet haben, samt der mit dem Speichel verschluckten Luft durch Ausstößen nach oben entweichen, sonst aber für die Ver dauung und Weiterbeförderung des Speisebreies von Wichtigkeit sind. 6. Die geringste Thätigkeit des Magens nehmen Flüssig keiten in Anspruch. Sie werden entweder schon im Magen nach kurzem Aufenthalte aufgesaugt, oder gehen schnell durch den Pförtner, um im Dünndarme aufgesaugt zu werden. Diese Aufsaugung ge-