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(durch die Rachenenge) erhält derselbe zugleich einen Schleimüberzug, welcher den zwischen den Gaumenbogen liegenden Mandeln dabei ausgepreßt wird. Kleine Körper, welche durch die Rachenenge gleiten, ohne die Mandeln zu pressen, werden darum schwer geschluckt. Sobald der Bissen über die Zunge hinweggeglitten und in den Schlundkops gelangt ist, so ist er damit zugleich unserem Willen ent zogen. Er wird erfaßt und weiter befördert ohne unser Zuthun; wir verinögen die Schluckbewegung nicht zu unterbrechen, den Bissen nicht wieder herauszubefördern (es sei denn durch Erbrechen); während er im Schlunde ist, schmecken und fühlen wir auch äußerst wenig von demselben. Es gelangt seine Anwesenheit zwar zu unserm Bewußt sein, doch gewinnen wir keine klare Vorstellung über seine Form und Zusammensetzung. Er ist also unserm Willen entzogen, aber noch nicht völlig unserem Gefühle. Der zweite Zeitraum des Schluckens zeigt uns deshalb die Grenze zwischen der willkürlichen und unwillkürlichen Thätigkeit unserer Ver dauungswerkzeuge. >Ik. Jeder Bissen muß, um verschlungen werden zu können, eine gewisse Größe haben. Ein kleiner Bonbon schluckt sich schwerer als ein kräftiges Stück von einem Kloß; Pulver hängt sich an die Wände des Rohres und ist, trocken genommen, sehr gefährlich, weil die eingeatmete Luft es in die Lunge zieht. Kleine Körper sind auch iu der Speiseröhre schwerer sortzubewegen als große. Ein Haar zu verschlucken ist unmöglich. Sehr merkwürdig ist, daß man die Schlingbewegung ohne Bissen nicht 4—5 mal (manche Personen höchstens dreimal) schnell nach ein ander wiederholen kann. Es ist, als ob die geäfften MuSkeln sich weigerten, ferner einem erfolglosen Auftrage zu gehorchen. Ißt oder trinkt man aber, so schluckt man ohne Störung wohl hundertmal schnell nacheinander. Wir sehen daraus, daß der Reiz des Bissens oder Schluckes die Ausführung der Schlingbewegung unterstützt. Der dritte Zeitraum der Schluckbewegungen besteht darin, daß die Speiseröhre den Bissen dem Magen überliefert. Es wirken dabei die Muskeln der Speiseröhre in gleicher Weise wie die Finger eines Fleischers, welcher einen Darm mit Wurstfleisch füllt, und schie ben durch ihre Zusammenziehungen den Bissen vor sich her in den Magen. Man hat sich also nicht etwa zu denken, daß das Hinab gleiten durch die Speiseröhre nur ein Rutschen der Schwere nach sei, wie etwa ein Brei durch ein Ablaufrohr hinabgleiten würde. Bei Getränken ist es genau ebenso. Es fällt nicht den Schlundkopf und die Speiseröhre hinunter, sondern jeder Schluck wird erfaßt und hinabgeleitet. Deshalb ist es auch möglich, daß ein Bissen oder Schluck der Schwere entgegen in den Magen befördert werden kann, wie wir dies an Gauklern sehen, die an den Beinen aufgehangen oder auf dem Kopfe stehend essen und trinken. Tiere (Pferde, Rinder rc.) trinken, trotzdem der Hals niedriger steht als der Magen, was un möglich wäre, wenn die Flüssigkeiten einfach die Kehle hinab in den Magen flössen. Während des dritten Zeitraumes haben wir nicht nur keinen