Volltext Seite (XML)
gewöhnlich erschlafft sind. Dieser Zustand kehrt sich jedoch von Zeit zu Zeit um, und wenn dann (sei es durch Nervenreiz oder unseren Willen) die Wände der Blase sich zusammenziehen, während der Schließmuskel erschlafft, so entleert sie ihren Inhalt. Aber ob gleich die Entleerung der Nierenabsonderung aus dem Körper nur von Zeit zu Zeit stattfindet, so leidet die Absonderung doch keine Unterbrechung, und der Harn sammelt sich in der Blase so lange an, bis seine Menge so groß ist, daß sie jenes unbehagliche Gefühl her vorruft, welches ihre Ausleerung veranlaßt. Der Urin oder Harn des gesunden Menschen ist eine durch sichtige, mehr oder weniger gelb gefärbte Flüssigkeit, welche einen eigentümlichen Geruch sowie bitter salzigen Geschmack hat und sich nach ihrem chemischen Verhalten als sauer erweist; ihr mittleres spezifisches Gewicht beträgt 1,02, kommt also dem des Blutes nahe. Von ihren Bestandteilen macht das Wasser den Hauptteil (W^/o) aus; von den festen Stoffen sind der Harnstoff und die Harn säure die wichtigsten. Beide sind aus der Zersetzung der stickstoff haltigen Nährstoffe entstanden; aber der Harnstoff ist viel löslicher in Wasser, und seine Menge übersteigt die der Harnsäure oft um das vierzigfache des Gewichts. Außerdem enthält der Harn noch salzige (Kochsalz, Phosphor- und schwefelsaures Kali, Natron, Kalk und Magnesia rc.) und luftförmige (Kohlensäure, Sauerstoff und Stick stoff) Bestandteile. Im krankhaften Zustande kann der Harn auch noch Zucker (Zuckerkrankheit), Eiweiß (Nierenentzündung rc.), Gallen farbstoff (Gelbsucht), Blut, Eiter rc. enthalten. Die Menge und Zusammensetzung des Harnes wechselt sehr nach der Tageszeit (der am Morgen gelassene Urin ist dichter als der am Tage und nach dem Genüsse von Flüssigkeiten abgeschiedene), der Temperatur und Feuchtigkeit der Luft (die Menge kann viel geringer sein, wenn viel Wasser durch die Haut (beim Schwitzen in heißer Jahres zeit, auf Märschen rc.j, durch die Lungen (bei sehr trockenem Wetter, anhaltendem Sprechens oder durch den Darm (Durchfalls ausgeschieden wird), dem fastenden oder gefüllten Zustande der Verdauungs werkzeuge und der Natur der Nahrung. Ebenso läßt sich durch gewisse Arzneistoffe, welche harntreibende genannt werden (6c>Iefiieln, IliKituiln, ^spuruAin rc.), sowie durch gewisse Speisen (Sellerie, Spargel rc., übermäßiger Genuß des letzteren kann sogar Blutharnen erzeugen) die Harnabsonderung steigern, ob aber zum Vorteile des Körpers, ist zu bezweifeln. Ein gesunder Mann sondert im Mittel durch die Nieren täglich ungefähr 1500 cwm Wasser ab; in diesem sind 35 ss Harnstoff, aber nicht mehr als 0,75 A Harnsäure neben 23 § mineralischen Bestandteilen aufgelöst. KV. 1. Ist der Harn sehr reich an Harnsäure und Salzen, so werden diese Stoffe nicht selten fest und bilden dann (ähnlich wie die Gallensteine aus der Galle) durch schichtenweises Anlagern an einander Steine, welche nach ihrem Sitze