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Die Haut als Werkzeug des Gefühls. Haut der Augenlider, der Wangen (Probe der Wärme des Bade wassers, des Bügeleisens, der Milchflasche rc.) und an der Zunge. Im Magen haben wir kein Temperaturgefühl. Wir empfinden darum beim Genüsse heißer Getränke oder von Eis weder Wärme noch Kälte im Magen, sondern höchstens Schmerz. Das Gefühl von Kühle, das wir scheinbar im Magen fühlen, wenn wir z. B. ein Glas kaltes Wasser rasch ausgetrunken haben, empfinden wir in Wirklichkeit in der Körperhaut der Magengegend. Weiter vermögen wir die Lage einer empfindenden Stelle unserer Haut ohne Beihilfe anderer Sinne zu erkennen; denn infolge vielfach wiederholter Gefühlswahrnehmungen und Beachtung des Ortes, an welchem sie geschahen, hat sich allmählich ein Ortsgefühl (Ortssinn) herausgebildet. Ein Säugling ist sich des Ortes, wo er Schmerz empfindet, nicht bewußt. Das Kind erwirbt sich erst nach und nach eine genaue Kenntnis von der Lage der fühlenden Hautpunkte, wie auch von der Entfernung gleichzeitig gereizter Hautstellen von ein ander. Diese Fähigkeit, zwei gesonderte Reize auch als räumlich ge- getrennte wahrzunehmen, ist an den verschiedenen Körperstellen sehr ungleich. AL. Versuche darüber ergaben, daß der geringste Abstand, den zwei gleich zeitig aufgesetzte Zirkelspitzen (bei kräftigen Männern) haben müssen, um noch als getrennt empfunden zu werden, beträgt: 1. auf der Zungenspitze 2. auf der Beugeseite des dritten Fingergliedes 1,1 mm 2,2 „ 3. auf der roten Haut der Lippen und der Beugeseite des zweiten Fingergliedes 4,4 „ 4. auf der Rückenseite des dritten Fingergliedes, der Nasenspitze und auf der den Fingern zunächst gelegenen Stelle des Handtellers . 6,6 „ 5. auf der Mitte der Zunge und der Hellen Haut der Lippen... 8,8 „ 6. auf der Rückenseite des zweiten Fingergliedes, den Wangen und der äußeren Fläche der Augenlider 11,0 „ 7. auf der Rückenseite des ersten Fingergliedes und der Haut über den Wangenbeinen 15,4 „ 8. auf der inneren Lippenfläche, nahe am Zahnfleische 19,8 „ 9. am unteren Teile der Stirn, am Hinteren Teile der Ferse . . . 22,0 „ 10. auf dem Handrücken 80,8 „ 11. auf der Kniescheibe und Umgegend 38,2 „ 12. am unteren Teile des Rückens, auf dem Unterarme, dem Unter ¬ schenkel und Fußrücken in der Nähe der Zehen 39,6 „ 13. auf dem Brustbeine 44,0 „ 14. auf dem Rückgrate, dem Halse, der Brust, den Lenden 50,0 „ 15. am Oberarm und Oberschenkel 50—66 „ Bei gespannter Haut müssen die Spitzen um soviel weiter von einander ent fernt werden als man die Haut ausgedehnt hat. Wie sehr unser Urteil von der Lage der Hautflächen und dem Muskelgefühl abhängig ist und wie sehr wir hierin Sklaven unserer alltäglichen Erfahrung werden, beweisen ganz einfache Versuche: Man kreuze den Zeige- und den Mittelfinger und lege ein Kügelchen (Murmel) dazwischen, so daß die beiden für gewöhnlich nicht aneinanderliegenden