Volltext Seite (XML)
förmigen Hornzellen zusammengesetzt ist und nur ihre äußere Schicht durch flache Zellen (Oberhäutchen) gebildet wird, die sich wie Dach ziegel decken: deshalb erscheint auch die Oberfläche des Haares durch wellenförmige Linien quer gestreift. AR. Zur mikroskopischen Untersuchung der Haare wählt man am zweck mäßigsten weiße Haare. Längsschnitte bereitet man, indem man sie vorsichtig schabt. Querschnitte erhält man am schönsten, wenn man sich kurz nacheinander mit sehr scharfem Messer rasiert (vorherige Behandlung mit kaustischem Natron, uni die Zellen des Markes sichtbar zu machen!). Da die Behaarung des Kopfes stets das gleiche Ansehen bietet und abgeschnitten wieder nachwächst, so könnte sich leicht die Meinung bilden, es seien immer dieselben Haare, welche die Behaarung aus machen, und sie wüchsen nach jedem Beschneiden nur immer wieder nach, wie etwa das Gras auf einer Wiese. Man hat sogar Berech nungen über die mutmaßliche Länge eines nicht geschnittenen Haares und Bartes angestellt. Doch vergißt man dabei, daß nie ge schnittene Haare eine gewisse Länge nicht überschreiten (das längste Frauenhaar wird nicht allzuviel länger als die halbe Körperlänge, Augenbrauen- und Augenwimperhaare bleiben überhaupt kurz) und daß fortwährend Haare ausfallen, ohne daß darum die Behaarung an Dichte abnimmt. Dies erklärt sich dadurch, daß jedes Haar eine bestimmte Entwickelung durchläuft. Es entsteht, wächst und fällt nach vollendetem Wachstum aus, um einem jüngeren Haare Platz zu machen. Es ist derselbe Vorgang, der sich beim Zahnwechsel, beim Hären und Mausern der Tiere zeigt. Man bemerkt das nur weniger, weil beim Menschen jedes Haar (Krankheitsfälle wie Gehirnentzün dungen, Typhus rc. natürlich ausgenommen) gleichsam selbständig und mit der Zeit seiner Entstehung und seines Absterbens nicht an andere gebunden ist. Bei den Tieren findet der Haar- und Gefiederwechsel meist periodisch (Frühjahr, Herbst) statt. Daß dennoch ein (un periodischer) Wechsel stattfindet, ergiebt sich zuerst aus der Gegen wart junger Ersatzhaare zwischen den reifen und abzustoßenden. Be sonders merklich wird dies, wenn z. B. beim Grauwerden anders geartete (weiße) Haare an Stelle der ausgefallenen gefärbten nach wachsen. Aber auch dann ist der Vorgang selbst so wenig zu be obachten, daß man gewöhnlich meint, es seien dieselben Haare, welche, früher dunkel gefärbt, jetzt gewissermaßen ausgebleicht seien. Das plötzliche, in wenig Stunden erfolgte Ergrauen der Haare infolge von Angst, Schreck oder Verzweiflung (Thomas Morus, Marie An toinette) ist in seinen Ursachen noch nicht ergründet. Dann ersieht man den Haarwechsel aus dem nie fehlenden Vorkommen aus gefallener Haare zwischen den noch stehenden. Da unsere Haare mit ihren Wurzeln ziemlich tief in die Haut eingepflanzt sind, so muß ein Zug an ihr, welcher die einzelnen Gebilde verschiebt, der steifen Haarwurzel eine schiefe Richtung zur Oberfläche der Haut geben und