Predigt über 1. Petr. 5, 6-7 Dom. Septuagesima 1884
Titel
Predigt über 1. Petr. 5, 6-7 Dom. Septuagesima 1884
Untertitel
(Sonntag nach dem Ableben Ihrer Königlichen Hoheit Frau Prinzeß Maria Anna, Gemahlin Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Georg, Herzog zu Sachsen); in der Kirche zu Pillnitz gehalten
bekümmert, wenn beim Anblick Mühseliger und Beladener aller Art die Erde erinnerte an das Jammerthal der siebenten Vaterunserbitte. Ein vornehmes Einhergehen und doch kein Stolz — ein fürstliches Fürsichsein und doch eine Liebe, die auch zu dem Geringsten sich nie derneigen und seiner sich erbarmen konnte, wenn Hilfe ihm noch war: das war die Art, in welcher die hohe Verblichene mit den Ihren unter uns sich bewegte und Arm und Reich und Groß und Klein für sich gewann. Durch ihr Abscheiden ist dem glücklichen Hause die Seele genommen. Einsam stehet der Gatte — wie des köstlichsten Erdengutes beraubt die Kinder. Was mag der kleine liebe Kranke vermissen, wenn die, die Tag und Nacht um ihn besorgt war, nun nicht mehr nach ihm fragt? Ob alle Anderen, denen so gern sie ge holfen, einen Ersatz für sie finden werden? Die Zeit wird kommen, wo die Ueberbleibenden das Trauerhaus verlassen und bei uns ein ziehe» werden — die einst Gesündeste von Allen kommt nicht wieder mit. Das kranke Sorgenkind hat die blühende Mutter überlebt. Der Silberkranz, mit dem mau dies Jahr sie schmücken wollte, ist zum Todteukranz geworden, — das Haus der Freude ein Haus der Klage. „Was ist doch alles Glück der Erde?" möchte man wieder ein mal fragen, hier wo sogar an hochgestellten und reichbevorzugteu Lebensgenossen das alte Propheten- und Apostelwort wahr wird: „Alles Fleisch ist Heu und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume." Wird damit nicht Jeder unter uns zurecht gewiesen, der sonst vielleicht mit stillem Neid an jenen „Glücklichen" empor gesehen ? Möchten wir da nicht alle sinnend stehen bleiben und ernst lich bedenken, wie gerade durch Leid und Trübsal Hohe und Niedere, Reiche und Arme von Zeit zu Zeit gleich gemacht werden unter der allmächtigen Hand Gottes des Vaters, der Glück und Leid, Leben und Sterben fügt nach seinem Rath und Willen, um uns immer und immer wieder daran zu erinnern, daß wir alle seine Kinder seien-, die Er durch seine Güte, wie durch seinen Ernst je eher je lieber zu sich ziehen und durch Beides sie bereiten möchte zu einem einstigen seligen Heimgang in seine Herrlichkeit? Er allein ist es, der Trauer in Trost, Leid in Freude zu wandeln vermag. Er thue Solches in Gnaden auch heute au uns unter der andächtigen Betrachtung seines theuerwerthen Wortes. (Stilles Gebet.) K. V. 604, 3. Text: 1. Petr. 5, 6—7. „So demüthiget euch nun unter die gewal tige Hand Gottes, daß Er euch erhöbe zu sei ner Zeit. Alle eure Sorge werfet auf ihn, denn Er sorget für euch."