Volltext Seite (XML)
winnen und zu sich ziehen will — selbst wenn es durch die bitterste Noth und die tiefste Trübsal geschehen sollte. Zwei Dinge vor allen sind es, die in Noth und Trübsal bei rechten Gotteskindern gefunden werden sollen. Das Erste heißt: Demüthige Beugung unter Gottes Willen — das Zweite aber — II. Zuversichtliche Hoffnung auf Gottes Treue. Unser Petrus weist darauf hin, wenn er schreibt: „Alle eure Sorge werfet auf ihn, denn Er sorget für euch." Ihr merket wohl, meine Lieben, wie dieses Zweite aus jenem Ersten notwen digerweise folgen müsse. Wer sich wirklich gedemüthigt hat unter die gewaltige Hand Gottes und durch diese Hand seine Erlösung erwartet — der wirft gewiß mit seiner Hand auch seine Sorgen — die schwersten ani Kräftigsten — dem Vaterherzen Gottes zu in der zu versichtlichen Hoffnung, daß sie dort am Besten aufgehoben seien — am Ehesten erledigt und am Treuesten mitgetragen werden würden. Treffend sagt unser Luther: „Ach, wer das Werfen wohl lernen könnte, der würde erfahren, daß gewiß also sei, wie Petrus sagt. Wer aber solch Wersen nicht lernt, der muß bleiben ein verworfner, zerworfner, unterworfner, ausgeworfner, abgeworfner Mensch." Das Ab- und Hknwerfen der Sorgen auf Gott, wie es die Gotteskinder üben und treiben, ist himmelweit verschieden von dem Ab- und Her unterschütteln der Sorgen, wie es die Weltkinder zuweilen zu thun pflegen. Leichtsinnig und leichtlebig wie sie sind, wollen sie sichs be quem machen. Entweder überlassen sie die Sorgen Anderen, die selber schon genug zu sorgen haben, oder sie versuchen ihre Plage der Ver gessenheit anheimzugeben, — wohl gar im Rausch fleischlicher Freuden sie zu ersticken und zu ersäufen. Eine Zeit lang mag es wohl schei nen, als ob dieser Versuch gelänge. Die Tranriggcwesenen können mit den Fröhlichen jubeln, als hätten sie nie irgendwelche Sorgen gekannt. Aber — ehe sie sichs versehen, kommt der Jammer wieder und die Last drückt härter als vorher — so hart kann sie drücken, daß die Träger davon erdrückt werden. Wie anders bei denen, die alle ihre Sorge werfen auf den Herrn Herrn! Nicht mit frevelnden, nein - mit betenden Händen thun sie das. Sie sorgen wohl auch noch mit, aber ohne Bangen und Zagen — nicht mehr und nicht anders als die Kinder, die da wissen, daß der Vater den schwersten Theil trägt. So mag man in dem bewußten Trauerhause gethan haben, als die Noth mit jedem Tage zunahm und alle eigene und fremde Mühe sie zu heben, vergeblich schien. Gatte und Kinder ergaben sich einzig