— 70 — den glühenden Wunsch seiner Mannesjahre erfüllt zu sehen: Deutschland und eine allgemeine deutsche Lehrerversammlung kennen gelernt zu haben. Außer den drei Hauptversammlungen fanden noch täglich von 6 bis 8 Uhr morgens und abends zahlreiche Nebenversammlungen statt, in welchen Borträge (u. a. über Naturgemäßheit des fremdsprachlichen Unterrichts von Direktor Louvier-Hamburg) und Probelektionen ge halten wurden. Die Lehrmittelausstellung war mit Büchern (wie in Leipzig, dem Hauptsitze des deutschen Buchhandels, nicht anders zu erwarten war) und Apparaten so überaus reich bedacht, daß sie unmöglich in ihren Einzel heiten genügend geprüft werden konnte. Das Angebot war größer als die Nachfrage. Dazu kam, daß weder Zeit vorhanden war, damit die Erfinder ihre Sache erklären konnten, noch Zeit blieb, die ausgestellten Dinge nach träglich mit Muße zu prüfen, denn die Börsenhalle mußte sofort nach der Versammlung für den Kaufmannsverein geräumt werden. Auf das Begrüßungstelegramm an den König Johann erfolgte die Antwort: Meinen Dank für den gesandten Glückwunsch. Darin zeigte die Leipziger Versammlung einen wesentlichen Fortschritt, daß sie mehr als früher von Deputierten verschiedener Lehrer vereine und Stadtgcmeinden besucht war, und — während früher die Verhandlungen stenographisch von einem, Wagner-Dresden, ausgenommen wurden, in Leipzig bereits sieben Stenographen, größtenteils Lehrer, diese wichtige Arbeit übernahmen. 1«. Die im Frühjahre 1866 ausgeschriebene 16. allgemeine deutsche Lehrerversammlung wurde durch den Donner der Kanonen vereitelt. Vom 11.—13. Juni 1867 tagte dieselbe zum erstenmal in einer preußischen Stadt, im „Nürnberg des Nordens", dem altehrwürdigen Hildesheim. 710 Schulmänner aus ganz Deutschland hatten sich eingefunden. (Die Lehrer Wiens hatten infolge der vorausgegangenen kriegerischen Er eignisse angefragt, ob sie noch auf die Sympathieen der Lehrer im Norden rechnen dürften, da sie politisch seit dem vorigen Jahre ja ausgeschlossen worden seien. Ihnen ward ein freudiges: „Ja!" geantwortet, weil der Grundsatz feststehe: „So weit die deutsche Zunge klingt!") In das Präsidium wurden mittels Stimmzettel gewählt: Theodor Hoffmann-Hamburg, Seminarlehrer Böhme-Berlin, Professor vr. Schröder- Mannheim. Versammlungslokal war die evangelische Andreaskirche, deren Benutzung „ausnahmsweise" von dem Minister v. Mühler auf dringende Vorstellungen gestattet war, unter der Bedingung, daß der Ortsausschuß die Gewähr übernehme, Vorgänge zu vermeiden oder sofort zu rügen, welche mit dem Ernst und der Würde einer Kirche nicht vereinbar seien. (Die Verhandlungen müssen auch furchtbar ernst geführt worden sein; ein