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— 63 — glänze: Johann Gottlieb Fichte — sich lautlos erhob und dann ihren Beifall laut und freudig kund gab. In der zweiten Hauptversammlung hielt zuvörderst Berthelt aus Dresden seinen Vortrag über „formelle und materielle Bildung", in dem er als die Aufgabe der Volksschule die größte Rücksicht auf das for melle Prinzip bezeichnete. In der Debatte platzten die Geister über die Begriffe „formell" und „materiell" re. heftig aufeinander. Schnell, Seminar lehrer Broßmann aus Schleiz, Rittinghaus, Tiedemann, vr. Panitz- Leipzig, Wander aus Hermsdorf, Scholz, Prof. Stoy aus Jena trugen durch ihr Eingreifen zur Beleuchtung und Verständigung bei. Als Nummer zwei dieses Tages folgte der Vortrag Dietleins aus Wartenburg über den Elementarunterricht (Sprech-Schreib-Lese methode). Referent führte das Nebeneinander dieser Lehrgegenstände praktisch vor und empfahl den vereinigten Sprech - Schreib - Leseunterricht für diejenigen, welche den sonst so schwierigen, erschlaffenden und so oft geisttötenden ersten Schreib- und Leseunterricht auf eine streng naturgemäße, interessante und geistbildende Weise betrieben wissen wollen. Lüben, Rittinghaus, Schnell machten ergänzende Bemerkungen, die Schuldirek toren Thomas und Vogel aus Leipzig empfahlen auf Grund der Erfolge an den Leipziger Schulen die Normalwörtermethode. Über den Stand der Einigung in der Orthographie kam ein Referat des am Er scheinen verhinderten vr. Kratz aus Stuttgart zur Verlesung, der durch seine Bemühungen es zuwege brachte, daß die königlich württembergische Regierung in dieser Angelegenheit sich mit den übrigen deutschen Regie rungen ins Benehmen setzte, meist jedoch ohne Erfolg. Ein Teil der Regierungen habe gar keine Antwort erteilt, ein anderer ablehnend (Öster reich, Preußen rc.), ein anderer ausweichend, nur ein kleiner Teil zustimmend geantwortet. Die Versammlung beschloß indes, die Sache im Auge zu behalten und der württembergischen Regierung in geeigneter Weise den schuldigen Dank für ihr Bemühen auszudrücken. Am dritten Tage gelangte zunächst das Thema: „Behandlung des geometrischen Zeichnens in Volks- und Mittelschulen" durch vr. Birnbaum, Direktor der Gewerbeschule in Gera, zur Verhandlung; dar auf folgte Lehrer vr. Zimmermann aus Hamburg mit dem Vortrage: „Die Pflege der Wahrheitsliebe in Schulen", ausführend, daß nicht Strafe, sondern Selbstachtung, Selbstdenken und das Beispiel des Lehrers Wahrheitsliebe befördern. Eine animierte Debatte knüpfte sich an diesen Vortrag, an der sich Scholz, Rittinghaus, Direktor Zille aus Leipzig, Hauptschuldirektor Köhler aus Wien und besonders der alte Wander, ein Opfer der Wahrheitsliebe, beteiligten. Lehrer Heuer aus Bremen verbreitete sich über „Körpererziehung in der Schule" unter Zugrundelegung des Spruches: Uen8 sunu in cor pore suno! Schnell, Lehrer Mössa aus Oldendorf in Hessen, Ritting haus und Bürgerschullehrer Chamloth aus Braunschweig nahmen zu dem Vortrage das Wort. Als würdiges Schlußthema war die Frage Tiedemanns angesetzt