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57 11. Die elfte allgemeine deutsche Lehrerversammlung beherbergte vom 29.—31. Mai 1860 mit 234 Teilnehmern das deutsche Arkadien, die rei zend gelegene Jtzstadt Koburg, wo dieselbe herzlich ausgenommen wurde; nicht allein die städtischen und geistlichen Oberen, sondern auch Herzog Ernst wohnten der Versammlung bei; ja letzterer „hielt es nicht unter seiner Würde, Präsidenten (Th. Hoff mann, Lüben, Schulze, Prof. vr. Kern-Koburg) und Ausschuß der Versammlung zum Diner bei sich einzuladen und sich stundenlang mit Volksschullehrern über ihre Bestrebungen, über Aufgabe und Stand der Schule und der Lehrerbildungsanstalten zu unterhalten". Lüben, der zum erstenmal Teilnehmer an einer allgemeinen deutschen Lehrerversammlung war, von nun aber bis zu seinem Tode keine mehr versäumte, erzählt darüber in seiner Autobiographie in Pfeiffers Volksschule des XIX. Jahr hunderts S. 348: „Das Gespräch bei der Tafel war ein rein päda gogisches. Der Herzog machte sehr feine und richtige Bemerkungen über das Lernen von Bibelsprüchen in den Schulen, die ein wenig zu mildern die Frau Herzogin, eine treffliche Dame, für gut befand, vielleicht mit Rück sicht auf den mitanwesenden Generalsuperintendenten vr. Petersen aus Gotha, der im Gespräch dafür eingetreten war." Versammlungslokal: der Saal des herzoglichen Hoftheaters. General superintendent vr. Meier-Koburg im Namen des Herzogs und Bürger meister Oberländer namens der Stadt begrüßten die Versammlung. Die Reihe der Vorträge eröffnete Tiedemann-Hamburg mit dem Thema: „Lasset uns wissen, was wir wollen, lasset uns wollen, was wir sollen" und bezeichnete es als Aufgabe des Lehrers, sich selbst und seine Schüler zu veredeln und zu heben. Den Hauptgegenstand des ersten Verhandlungstages bildete „die Einigung in der Orthographie", worüber zuerst der eben zum Superintendenten in Ohrdruf beförderte vr. Schulze, dann Prof. vr. Klaunig aus Leipzig sprachen. Man er ledigte die Angelegenheit in vorbereitender Weise insofern, als man den Beschluß faßte, alle deutschen Lehrer und Lehrervereine zu Beratungen über die Regelung und Feststellung der deutschen Rechtschreibung auf gründ der Schrift des vr. Klaunig und zu Einsendung von Berichten über die gepflo genen Verhandlungen aufzufordern. Die Angelegenheit ist durch den leider bald erfolgten Tod Klaunigs freilich ins stocken geraten. Der Vortrag vr. Schulze's über das Thema: „Wie kann und soll die Schule für die Veredlung der Vergnügungen wirksam sein?" gab Anlaß zu einer interessanten Debatte, an der Direktor vr. Vogel-Leipzig, Direktor Budich-Dresden, Generalsuperintendent Petersen-Gotha und vr. Lud wig-Kaltennordheim teilnahmen. Angenommene Sätze: 1. Die Veredlung der Vergnügungen seitens der Schule geschieht durch Weckung des religiösen Sinnes, durch Anleitung zu guten Spielen, durch Rührung des Sinnes für Naturfreuden, durch Gesangsbildung, durch Anweisung zu einer ver-