Volltext Seite (XML)
52 wozu die Kleinkinderschulen und die Kindergärten Gelegenheit geben, prak tisch geübt werden. (Hoffmann.) Hiervon wurde der erste Satz gut geheißen; wegen zu weit vorgerückter Zeit wurden auf Antrag des Inspektors Röder aus Hanau aber die Verhandlungen mit dem Beschlüsse abgebrochen, dieselben über diesen hochwichtigen Gegenstand in der zweiten Sitzung fort zusetzen. vr. Stern eröffnete demnach am folgenden Tage die Diskussion mit der Begründung von fünf Thesen, die sämtlich Annahme fanden, nach dem auch noch Tiedemann, Direktor Rudolph aus Anhalt-Köthen, Prof. Kleemann aus Cannstatt, Pfarrer vr. Riecke aus Loffenau, Hirsche, Pösche, vr. Weil aus Frankfurt, Benfey und Fröhlich aus Bern über die Frage des Tages gesprochen hatten; die Rede des letzteren wurde mit besonderer Teilnahme ausgenommen. Er schilderte zuerst das verderbliche Wirken der meisten Pensionate und Gouvernanten-Fabriken der französischen Schweiz und gab dann eine Beschreibung seiner Töchter- und Fortbildungs schule, bei welcher die geistige und körperliche Ausbildung zugleich, sowie auch eine Vereinigung von Schule und Haus angestrebt würde. Die angenommenen Thesen lauten: 1. Die Vorbereitung des Mädchens für ihren künftigen Beruf hat nicht so sehr die Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten, wie von Fähigkeiten und Tugenden zum Zwecke, die sie in demselben zu üben hat, und ist vor allem auf die Bildung des Herzens zur edlen Weiblichkeit zu richten. 2. Der Standesunterschied bedingt nicht eine Verschiedenheit für die Tendenz und Zwecke dieser Vorbereitung, son dern nur für das Maß ihrer Durchführung. 3. Die Schule soll für alle Stände die Geschmacksbildung als Hauptmittel zur Veredlung des Familien lebens befördern. 4. Die dauernde Selbständigkeit im Leben über diese Sphäre hinaus ist eine Verfehlung des weiblichen Berufs, und die Erziehung soll nicht im voraus auf dieselbe gerichtet sein. 5. Die Dienstbarkeit des Mädchens im Hause ist nur als eine für die Vorbildung zu ihrem Berufe notwendige Übergangszeit anzusehen, und der Unterschied ist kein spezifischer, wenn dieselbe im Hause der Eltern oder unter irgend welcher Form im fremden Hause verläuft, (vr. Stern.) 6. Die Mädchen sind, gleich den Knaben, durch die Schule zur selbständigen Erfüllung der in ihre eigen tümliche Sphäre fallenden Pflichten, außerdem besonders zu einem selbstän digen religiösen, sittlichen und ästhetischen Urteil zu befähigen, (vr. Hirsche.) 7. Der Lebensberuf, für den das Mädchen gebildet werden soll, ist für alle Lebensverhältnisse derselbe, Gattin, Mutter, Hausfrau zu sein. (Tiede- mannn, Stern, Rudolph und Hoffmann.) 8. Die Frau kann sich nur insoweit an der Wirksamkeit für das Gemeinwohl beteiligen, als es sich mit der vollständigen Erfüllung ihrer Pflichten gegen das häusliche Leben verträgt. (Meier.) 9. Obschon die Bestimmung des Mädchens zum Weibe, also zur Gattin, Mutter und Hausfrau, als wahre Bestimmung anzuerkennen, mithin auch von dem Erzieher beständig im Auge zu behalten ist, so muß derselbe dennoch den einmal gestellten sozialen Verhältnissen so weit Rechnung tragen, daß dem Mädchen innere Kraft und Selbständigkeit und wissenschaftliche Bildung genug werde, um sich auch möglicherweise eine selbständige Existenz zu gründen und sich darin nicht unglücklich zu