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49 unter andern die am Gymnasium und an der Realschule in Gotha, daß hochgestellte Geistliche und Mitglieder der weltlichen Behörden von Anfang bis zu Ende den Versammlungen beiwohnten und mehr als einmal selbst das Wort nahmen." Das Präsidium wurde wieder in die bewährten Hände Th. Hoff manns gegeben; Körting-Kemnade und vr. Schulze wurden zu Vice- Präsidenten bestimmt. Das erste Verhandlungsthema lautete: „Was du bist, sei ganz, oder: der Lehrer lebe ganz seinem Berufe." Ref. Direktor vr. Schulze-Gotha. Die Versammlung erkannte einstimmig an: „daß der Lehrer, der ganz seinem Beruf lebt, 1. immer der Heiligkeit und Würde seines Lehrerberufes eingedenk bleiben, 2. sein Amt stets mit Liebe, Eifer und gewissenhafter Treue führen, 3. aus allem, was die Wissenschaft und das Leben ihm bieten, für seine Schule Gewinn ziehen, und 4. diesen drei Beziehungen namentlich auch durch rege Beteiligung an den Lehrer versammlungen sich und sein Werk fördern soll." Die folgenden Gegen stände der Verhandlung waren: „Die Schuldisziplin" als Fortsetzung der im Vorjahre begonnenen Besprechung. (Referenten: Tiedemann aus Hamburg und vr. A. Meier in Lübeck.) Resolution: Die Aufrechterhal tung der Disziplin hängt ab von der Persönlichkeit des Lehrers (seinem ganzen Verhalten und seinem Unterricht), von der Einrichtung der Schule, von der rechten Wahl der Strafen und Belohnungen, und davon, daß der Lehrer bei der Wahl der Mittel zur Handhabung der Disziplin immer den Standpunkt der Gesamtentwicklung der einzelnen Schüler und der Klasse im Auge hat. — „Wie ist der Unaufmerksamkeit der Schüler zu steuern?" (Ref. Großgebauer aus Gotha.) Die Verhandlung gab zu keinen besonderen Resolutionen Anlaß; dasselbe war der Fall bei der Verhandlung über „die Beförderung der mündlichen und schrift lichen Sprachfertigkeit — abgesehen von dem dafür unzurei chenden grammatikalischen Unterrichte". (Ref. Schulrat Lauckhard in Weimar.) „Erziehung zur Arbeit durch Familie und Schule." (Ref. Th. Hoffmann aus Hamburg.) Da diese Angelegenheit heute zu den brennendsten Tagesfragen, welche die weite Öffentlichkeit berühren, gehört, so soll hier Platz finden, was bedeutende Schulmänner vor 30 Jah ren, als die soziale Frage verhältnismäßig noch wenige beschäftigte, darüber gedacht haben. „1. Die Erziehung zur Arbeit besteht nicht darin, daß die Erwachsenen die Arbeitskraft der Kinder zum Nachteil der körperlichen und geistigen Entwicklung derselben ausbeuten und daß sie die Kinder durch vor zeitige Berufsarbeiten zum Geldverdienen anhalten, sondern vielmehr darin, daß die Kinder nicht nur durch Stärkung ihrer Körperkräfte, sondern auch insbesondere durch Wirkung ihrer Intelligenz für ihre ganze Lebenszeit zur Arbeit willig und tüchtig gemacht werden. 2. Es ist die Aufgabe des Hauses und der Schule, die Arbeitskraft der Kinder zu üben, diese zum Schaffen des Nützlichen anzuleiten und anzuhalten und bei der Erziehung und bei dem Unterrichte derselben überhaupt, mehr als es bisher geschehen ist, auf das Leben Rücksicht zu nehmen. 3. Durch die Erziehung zur Arbeit wird der Zweck, die Menschen fürs Leben zu bilden, nur dann erfüllt, Weinlein, Geschichte d. allg. dtsch. Lehrerversammlung. 4