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7 gemachten Erfahrungen die Verhandlungen der deutschen Lehrerversamm lungen nicht die volle Gewähr dafür böten, daß durch letztere eine heilsame Einwirkung wenigstens für die „christliche" Volksschule unseres Landes erstrebt und gefördert werde." Den Geist der Zeit konnte jedoch selbst von Wühler, dessen Regime die Gemüter sowohl der Lehrer als der Laien vielfach erbitterte und viel dazu beigetragen hat, Preußen im deutschen Vaterlande unpopulär zu machen, nicht mehr hintanhalten. Riesige Dimensionen, einen imposanten Charakter nahmen die Versammlungen in den folgenden Jahren an. 1869 konnte sie in der preußischen Landeshauptstadt, aus der sie 18 Jahre lang verbannt war, ihren festlichen Einzug halten. „Einen Triumph sondergleichen, einen Sieg" nannte Superintendent I)r. Moritz Schulze, der langjährige Geschäftsführer der allgemeinen deutschen Lehrerver sammlung, dieses Ereignis. „Es ist nicht ein Parteisieg," sagte er, „nein, ein Sieg der Wahrheit, ein Sieg der guten Sache, es ist die schöne Frucht der würdigen Haltung und des edlen Strebens, welche unsere Versammlung an allen Orten, wo sie bisher getagt hat, zeigte; sie hat sich Vertrauen er worben." Die größten deutschen Städte öffneten nun willig und freudig ihre Thore; allgemeine Aufmerksamkeit wurde den Versammlungen gezollt. Hatten schon seit Mannheim viele deutsche Städte auf ihre Kosten Lehrcrdcputationen geschickt, um sich Bericht erstatten zu lassen, was die Lehrer für die Schule ersprießlich halten, so ließen sich nun auch eine Reihe von Regierungen offiziell vertreten; Behörden, städtische, kirchliche und staatliche, hielten es für ihre Pflicht, die Versammlungen aufs herzlichste willkommen zu heißen; ja sogar aus anderen europäischen Ländern (aus Frankreich, Schweden, Ungarn, Rußland, Holland, Griechenland) selbst aus amerikanischen Staaten erschienen Delegierte; angesehene illustrierte Blätter (die Leipziger „Illustrierte Zeitung" (welche wenige Jahre vorher dnrch herben Tadel sich auszeichnetej, die „Gartenlaube" rc.), führten nicht nur einzelne Momente der Versammlungen, sondern auch deren Präsidenten und Führer in Wort und Bild vor; die bedeutendsten politischen Blätter aller Partcischatticrungen entsandten Berichterstatter und lieferten ihren Lesern umfängliche Referate; mehr und mehr wendete sich das Interesse des deut schen Volkes dem geschlossenen Auftreten des deutschen Lehrkörpers zu, der inmitten der deutschen Kleinstaaterei eine deutsche Pädagogik repräsentierte und wie eine Prophetenschar durch alle Gauen wanderte, den deutschen Einheitsgedanken zu wecken, zu kräftigen und zu pflegen. Ein frischer, freier Hauch charakterisiert die allgemeinen deutschen Lehrerversammlungen von jeher; eine schneidige, offene Sprache wurde jedoch geführt, energische Beschlüsse wurden gefaßt zu Wien (1870), zu Hamburg (1872), der ersten Versammlung der Lehrer des neuerstandenen „Deutschen Reichs," und zn Breslau (1874). Nm, hatte sich die Ver sammlung auch der Huld preußischer Staatsmänner zu erfreuen; Kultus minister vr. Adalbert Falk, der „Vielgeliebte" (22. Januar 1872 bis 14. Juli 1879), dekretierte 1872 und die folgenden Versammlungen, daß denjenigen Lehrern, welche an der allgemeinen deutschen Lehrerversammlung