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Etwas stärker war 1852 die vierte in Gotha, aber wiederum weit schwächer die fünfte in Salzungen besucht. Die Regierungen, beeinflußt durch Persönlichkeiten, welche gewalt- thätigen Umsturz zivilisatorischer Ziele befürchteten, hatten aus Furcht vor Ausschreitungen um diese Zeit fast sämtlich ihre schlimme Meinung von dem deutschen Lehrervereine und der allgemeinen deutschen Lehrerversamm lung den Lehrern kundgegeben. Aus Zweckmäßigkeitsgründen gab man die unmöglich gewordene „bedenkliche" Vereinsform auf und behielt nur die harmlosen „Wanderversammlungen" bei. Man nahm an, daß — wie vr. E. Dürre sagte — „keine Regierung, ohne sich selbst im Lichte zu stehen, den Berufsgenossen verwehren wird, sich auf dem Praktischen Gebiete ihres Berufes gemeinsam zu beraten, jede vielmehr, die sie ihre Kraft in der Intelligenz ihrer Bürger hat, den Lehrern nicht verweigern wird, sich untereinander über den Weg auszusprechen, wie diese Intelligenz zu erreichen sei; jede aus den Beratungen der Schulmänner aller deutschen Länder für Schulverwaltung und Schulgesetzgebung Vorteil zu entnehmen wissen wird." Doch auch die Wanderversammlungen wurden mit unverhohlenem Mißtrauen und thatsächlich ganz unbegründeten Befürchtungen angesehen. Der Haupt schlag gegen die Versammlungen erfolgte mit dem Berliner Rundschreiben vom 1. Februar 1854. Der preußische Minister v. Raumer begnügte sich nicht, seinen Tadel über die Verhandlungen der „sogenannten deutschen Lehrerversammlungen", welche „einen der guten Richtung der Schulen schäd lichen, verdächtigenden Charakter annähmen," auszusprechen, sondern forderte auch die Schulbehörden auf, den Lehrern ein Verbot zugehen zu lassen, daß sie diese Versammlungen besuchten, bezw. diejenigen, welche das Verbot überträten, mit entsprechenden Disziplinarstrafen zu belegen. Der Druck, den Organe anderer Staaten auf ihre Untergebenen aus übten, war so groß, daß Lehrer bei allenfallsiger Teilnahme an einer Ver sammlung nicht wagten, ihre Namen und sogar ihren Wohnort anzugeben, weil sie, wenn nicht sofortigen Verlust von Amt und Brot, so doch Anschwär zung bei den höheren Behörden oder Erschwerung ihrer Amtsthätigkeit von feiten ihrer geistlichen Vorgesetzten zu besorgen hatten. In jener Zeit war es für die Versammlung sehr schwer, ein Asyl zu finden. Der teilweise noch bestehende Partikularismus Deutschlands bot indes Hilfe. Einige intelligente Kleinstaaten und freie Städte fürchteten die Lehrer nicht. Unleugbare Fehler der Personen und Unvollkommen heiten der Zusammenkünfte beurteilten sie milde; den guten Willen der nach Vervollkommnung Strebenden erkannten sie an. In Pyrmont (1854), Hamburg (1855), Gotha (zum zwcitenmale 1856), Frankfurt a. M. (1857) konnte die verfolgte und verleumdete, gehaßte und gefürchtete Ver sammlung während ihrer härtesten Periode mit mehr oder weniger Freu digkeit tagen. Mußte sie sich jedoch auch kümmerlich durchschlagen: den lebendigen Geist konnten Machtsprüche nicht zerstören. Die da getagt haben, rühmen fort und fort, wie bleibende und begeisternde Ein drücke sie heimgebracht haben. In den nächsten drei Jahren wurde die Beurteilung milder. Es hob