102 Fabriken, Bergwerken, Steinbrüchen und ähnlichen industriellen Betrieben nicht beschäftigt werden. 2. Für verheiratete Frauen ist die Arbeitszeit in Fabriken so zu begrenzen, daß den Kindern die ihnen nötige mütterliche Pflege und Zucht nicht entzogen werde. Den Aufsichtsbehörden ist außer dem der Nachweis zu liefern, daß die Kinder während der Arbeitsstunden der Mutter unter Aufsicht erwachsener Personen stehen. 3. Die Verpflich tung zu regelmäßigem Besuch der Fortbildungsschule ist für die in Fabriken beschäftigten jugendlichen Arbeiter beiderlei Geschlechts bis zum vollendeten 18. Lebensjahre zu erstrecken. Die Fortbildungsschule soll nicht nur die allgemeine Schulbildung befestigen und ergänzen oder die gewerbliche Vor bildung unterstützen; sie muß vor allem den erziehlichen Zwecken dienen; auch soll sie ihren weiblichen Zöglingen, soweit irgend thunlich, Anleitung zu hauswirtschaftlicher Ausbildung geben — bittet Referent zu beschließen: „Die 26. allgemeine deutsche Lehrerversammlung hält im Interesse der geistigen und körperlichen Erziehung der Jugend, sowie zur Abwehr schwerer sozialer Schäden die Berücksichtigung der aufgeführten drei Sätze in der Gesetzgebung des Reichs, bezw. der Einzelstaaten, für dringend erforderlich und richtet an alle deutschen Lehrervereine die dringende Anforderung, durch Eingaben an die zuständigen gesetzgebenden Behörden die Annahme dieser Vorschriften herbeizuführen." — Das, was in der Debatte von Specht-Karlsruhe, Handelskammersekretär vr. Fränkel-Chemnitz, Direk tor Ahrens-Kiel, Landtagsabgeordneten vr. Schröder-Darmstadt gesagt wurde, bestätigte die Wichtigkeit der Sache; die Versammlung erklärte denn auch einstimmig die Aufstellungen Halbens als die ihrigen. In der dritten Hauptversammlung lautete das erste Thema: „Volks schule und Volksbildung." Referent Lehrer Weichsel aus Würzburg begründete, nachdem er einen Blick auf die Entwicklungsgeschichte des deut schen Volksschulwesens geworfen hatte, unter großem Beifall seine Thesen: 1. Der deutschen Volksschule ist durch die gesamte Entwicklung des Schul wesens ihr Beruf als Organ der allgemeinen Volksbildung vorgezeichnet. 2. Die Volksschule hat als öffentliche Unterrichs- und Erziehungsanstalt eine allgemeine menschliche und religiös sittliche Bildung zu vermitteln; mehr als seither müssen die Bedürfnisse des praktischen Lebens Berücksich tigung finden. 3. Die staatsbürgerliche Ausbildung und politische Er ziehung des Volkes hat schon in der Volksschule zu beginnen. 4. Die historische Entwicklung der Volksschule, sowie viele soziale und schulpolitische Gründe sprechen dafür, daß die Volksschule die Bildungsstätte des gesamten Volkes und die einzige Vorschule für die höheren Bildungsanstalten sei. 5. Die Unentgeltlichkeit des Unterrichts ist eine natürliche Konsequenz des allgemeinen Charakters der Volksschule und des staatlichen Schulzwangs. An der sehr lebhaften Diskussion beteiligten sich vr. Beith (gegen Gesetzes kunde in der eigentlichen Volksschule), vr. Bartels (hat Bedenken gegen die allgemeine Volksschule; über die Privatschulen dürfe man auch nicht den Stab brechen), Oberlehrer Rosenmeyer-Mainz (gegen die Privat schulen und sogenannten Vorschulen), Ries-Frankfurt a. M. (gegen Vor schulen). These 1—4 werden, nachdem Referent dieselben schlagfertig ver-