91 harmonieren mit den Forderungen der Ethik. 4. Ebenso wie der ethischen Aufgaben muß sich die Schule der Psychologischen Bedingungen zu ihrer Lösung immer klarer und kräftiger bewußt werden. Endlich muß auch hinzukommcn die Erhaltung der guten Sitte, und wo diese noch nicht vorhanden ist, die Anbahnung und Erweckung derselben. Debatte: vr. Schnell-Berlin, Hauptpastor Hirsche-Hamburg, Lehrer Fauerbach-Hildesheim, Lehrer- Bo llm er-Eguort, Rektor Tis m er-Neuölsburg, Behrens. Mit den Thesen erklärt sich die Versammlung im allgemeinen einverstanden. Nach dieser auch das theologische Gebiet berührenden Verhandlung folgte der Vortrag Gärtners-München: „Welche Lebensanschauungen will die moderne Pädagogik in dem Zöglinge erwecken?" Referent beantwortete die Frage mit folgenden Sätzen: 1. Die moderne Pädagogik muß die ihr bisher gemachten schlimmen Nachreden als Verleumdungen zurückweisen, da sie noch nirgends in all ihren Forderungen zum Durchbruch gekommen ist und bei allem Wirken auf Mithilfe rechnen muß. 2. Die moderne Pädagogik verlangt wahre harmonische Menschenbildung auf natur gemäßem Wege. 3. Die moderne Pädagogik verlangt Pflege des idealen Sinnes, der über das Nützlichkeitsbedürfnis hinaus nach edleren Zielen strebt. 4. Die moderne Pädagogik verlangt möglichste Hochachtung und Beachtung der Individualität. 5. Die moderne Pädagogik will in dem Zögling einen sittlich schönen Charakter anbahnen, der sich der Beweggründe seines Handelns klar bewußt ist. 6. Die moderne Pädagogik will ein wahrhaft religiöses Gemüt ohne Haß und Heuchelei erziehen. 7. Endlich will die moderne Pädagogik in dem Zögling warme Vaterlandsliebe ohne politischen Fanatismus entzünden. Ohne Debatte gab die Versammlung durch allseitiges Handaufheben ihr volles Einverständnis mit dem Vortrage gern zu erkennen. In der zweiten Hauptversammlung sprach zuerst Th. Hoffmann über das Thema: „Der Religionsunterricht darf der Schule, wenn diese ihren Zweck erreichen soll, nicht entzogen werden." Redner will den Religionsunterricht als Mittel zur Einwirkung auf die Sittlichkeit der Jugend, zur Vervollständigung einer harmonischen Bildung, befürwortet aber lebhaft einen pädagogischen Religionsunterricht, bedingt durch eine richtige Auswahl des Stoffes und entsprechende Methode. Nach eröffneter Debatte stimmt Credner dem Referenten besonders darin zu, daß für Kinder bis zu zwölf Jahren 100 Sprüche ausreichend seien; Iw. Glacke- meyer-Hannovcr betont, daß die Volksschule die Religion mit derselben Liebe und mit derselben Überzeugung von ihrem Werte jetzt erteile wie früher. Fauerbach-Hildesheim empfiehlt dem konfessionellen Religions unterrichte Toleranz; Debbe ist gegen den Ballast von Sprüchen. Der Satz Hoffmanns wurde angenommen. Einem Nebenantrag vr. Glacke- meyers wurde in folgender Fassung zugestimmt: „Die 23. allgemeine deutsche Lehrerversammlung protestiert gegen die in unseren Tagen mehrfach vernommene Beschuldigung, daß in der Schule der Gegenwart der Reli gionsunterricht nicht mehr mit altdeutscher Gewissenhaftigkeit und Treue gepflegt werde.