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Das Maul der Tiere kann deshalb nie jene verschiedenen Formen an nehmen, welche den Mund des Menschen zu einem so wichtigen Faktor der Miene machen. Das ganze Spiel der Lippen beschränkt sich bei den Tieren auf das Ergreifen des Futters, auf das Fletschen der Zähne, auf die Hervorbringung einer Grimasse, bei der man oft nicht unterscheiden kann, ob Freude oder Leid ihre Veranlassung ist. Die größte Mehrzahl der Muskeln des Mundes liegt beim Menschen strahlenförmig von der Mundöffnung nach außen; nur einer geht im Kreise um die Mundöffnung herum und bildet die wulstige Fleischlage der Lippen; er ist der Verengerer, die übrigen die Erweiterer der Mundöffnung. Er schließt nicht nur den Mund, sondern spitzt die Lippen beim Pfeifen und Küssen und verlängert sie zu einem kurzen Rüssel beim Saugen. Die Erweiterer der Mundöffnung sind der Aufheber der Oberlippe, der Aufheber des Mundwinkels, der kleine und große Jochbeinmuskel, welche die Oberlippe und den Mundwinkel nach oben, schräg aufwärts und nach außen ziehen. Der Lachmuskel reicht vom Mundwinkel bis zum Rande der Ohr öffnung; er ist der dünnste dieser Muskelgruppe und zieht den Mund winkel beim Lächeln nach außen. Der Niederzieher des Mund winkels reicht bis zum unteren Rande des Unterkiefers und der Niederzieher der Unterlippe bis zur Spitze des Kinnes. Der Aufheber des Kinnes liegt ebenfalls am unteren Teile des Kinnes. Der Backenmuskel zieht sich zwischen der Vorderseite des Keilbeines und den Hinteren Teilen des Ober- und Unterkiefers zur Ober- und Unterlippe. Wirkt er allein, so erweitert er die Mundöffnung in die Quere. Wird diese Erweiterung durch die gleichzeitige Thätigkeit des Schließmuskels des Mundes aufgehoben, fv drückt er die Wange an die Zähne an oder Preßt, wenn die Mundhöhle voll ist, ihren Inhalt zusammen, z. B. die Luft, die dann, wenn die Lippen sich ein wenig öffnen, mit Gewalt entweicht, wie beim Spielen von Blasinstrumen ten, daher der alte Name Trompetermuskel. Zuletzt giebt es noch einige Muskeln für die Bewegung des Ohres als Ganzes; sie sind aber sehr wenig entwickelt, und nur wenige Menschen besitzen das Vermögen, ihre Ohren willkürlich zu bewegen. Hierher gehören der Aufheber des Ohres, der Anzieher des Ohres und der Rückwärtszieher des Ohres. Durch die verschiedenen Bewegungen der einzelnen Gesichts muskeln entsteht der eigentümliche Ausdruck des Gesichtes, die Miene. Tritt die Thätigkeit einer gewissen Gruppe von Gesichts muskeln häufiger und andauernder ein, so bildet sie den Grundzug des Gesichts, der bleibend wird. Die Gutmütigkeit und das Miß trauen, Offenheit und Verstecktheit, Ehrlichkeit und Schurkerei haben ihre Zeugen in der Miene. Jede Gemütsbewegung hat ihren eigen tümlichen Ausdruck im Gesichte, dem Spiegel der Seele. Darum sind die Gesichter neugeborener Kinder glatt und ausdruckslos, das Seidel, Ergebnisse und Priiparationen rc. VII. Hcst. 4