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5. Die einander zugekehrten Ränder der Knorpel beider Augen lider sind breit und eben, und haben einen vorderen scharfen und einen Hinteren mehr abgerundeten Saum. An dem vorderen Rande sprossen mehrere Reihen kurzer, steifer, im unteren Augenlide nach unten und im oberen nach oben gekrümmter Haare (sie greifen des halb beim Schließen des Auges nicht sehr übereinander), die sogenannten Augenwimpern, hervor. Am oberen Augenlide sind sie länger als am unteren und an beiden in der Mitte länger als gegen die Enden hin. An der Bucht des inneren Augenwinkels fehlen sie. Sie fallen wie alle Haare aus und erzeugen sich wieder, und man findet in dem Haarbalge einer alten Wimper die junge schon bereit, ihre Stelle einzunehmen. Sie schützen das Auge vor kleinen Insekten und Staub und halten die von oben, unten und von den Seiten her einfallenden Licht strahlen wie ein zarter Schleier von dem Eintritt in das Auge ab, und ihre verschiedene Beschaffenheit verleiht dem Gesichte ebenfalls verschiedenen Ausdruck. 6. An dem Hinteren Rande der Augenlider liegen die Öffnungen der sogenannten Meibomschen Drüsen. Diese Drüsen zeigen sich als gleichlaufende, gelbliche Streifen, die in dem Lidknorpel liegen, aber näher dem Hinteren Rande als dem vorderen. Im oberen Lide giebt es deren 30—40, im unteren 20—30. Diese Drüsen erscheinen dem bloßen Auge als kleine höckerige Stränge. Unter dem Mikroskope erkennt man, daß jede aus 40—50 kleinen Läppchen zusammengesetzt ist, die zu beiden Seiten eines langen Ausführungsganges wie die Blätter an den Zweigen einer Ulme sitzen. Ihre Absonderung ist eine klebrige, an der Luft erhärtende Masse, die sogenannte Augen butter, die den Lidrand beölt und das Überlaufen der Thränen, wenn sie nicht zu reichlich kommen, aufhält, wie ein Gefäß mit fett bestrichenem Rande auch mehr Flüssigkeit zu halten im stände ist. Durch den Schlag der Augenlider wird die Augenbutter mit dem Schleime der Bindehaut zu einer einheitlichen, gelblich Weißen Masse verrieben, die sich in den Augenwinkeln ansammelt und dort zu harten Klümpchen vertrocknet. kOK. Unter den Erkrankungen der Meibomschen Drüsen ist die Entzündung und Anschoppung durch eingedickte Absonderungsmasse (Gerstenkorn, Hagelkorn, Hor- nickel rc.) nicht gerade selten. Sie führen mitunter zu dauernden Verbildungen und Verkrüppelungen des Augenlidknorpels. Die Augenbutter des Hirsches, die sich während der Brunstzeit im inneren Augenwinkel („Windfang" der Jäger) als harte, glänzend gelbgraue Klumpen vorfindet und die das Tier durch Reiben seines Kopfes an Baumstämmen abzustreisen pflegt, wurde vor Zeiten emsig ge sammelt und als Arzneimittel (Hirschthränen, Hirschbezoar) gebraucht. 7. Die Augenlider samt Wimpern haben einen vierfachen Zweck: n) Sie schützen den Augapfel vor der Berührung mit fremden Körpern (Insekten, Staub rc.) und vor zu grellem Lichte, b) Sie fegen die Hindernisse des Sehens (Staubteilchen, abgestoßene Schleim hautzellen rc.) weg. e) Sie verbreiten die äußere Augenfeuchtigkeit