95 Früh nach 6 Uhr wie gewöhnlich weckten wir den Vater mit Musik und Gesang, Du kennst wohl das Lied noch: „singt dem frohen Tage Lieder pp." — nach seiner Beendigung trat der gute Vater zur Thüre heraus und bewillkommte uns alle freundlich und herzlich, dann gings in die Klassenzimmer. Die lieben Kinder hatten sich mehr angestrengt, als irgend jemals. Ls ist das einmüthige Geständniß, daß man so viel Schönes und Sinnreiches von ihnen bei dieser Gelegenheit noch nie vereinigt sah. — Hier eine kleine Schilderung ihrer Anordnungen: Das Zimmer der Kleinsten stellte eine ländlich waldige Gegend vor — dem Eingang gegenüber stand ein freundliches Landhaus, auf seinem Dache saßen mehrere Vögel — um dasselbe arbeitende Kinder, die theils gruben, theils Hecken beschnitten, theils Blumen pflanzten — links am Eingänge erblickte man unter dichterem Gesträuch eine kleine Hütte, am Fenster dann eine schöne Pyramide voll schöner Figuren mit der Zuschrift: was wäre uns dieser Tag ohne Deine Genesung? Am Fuße der Pyramide: Ls blühe ferner mit Deiner Liebe Deine Gesundheit. Gegenüber am andern Fenster stand ein Tisch mit kindlichen Spielen, wo mit die Allerkleinsten sich beschäftigten, die größern arbeiteten — oben drüber die Zuschrift: wir lernen und arbeiten, so wills unser gütiger Vater! Der Eindruck des Ganzen war ungemein heiter, ländlich, kindlich und voll Thätigkeit. — Beim Eingang in das Zimmer der 2. Klasse fiel zuerst eine auf gehende Sonne ins Auge — die Sterne der Nacht wichen und immer höher erhob mit ihren Strahlen sich die Sonne — Ließ Transparent war sehr gut angebracht und ward durch eine verborgne Hand allmählig immer Höher gerückt. Links stand in einem Bosket eine Pyramide, deren Flächen sinnreiche Figuren und die 3 Seiten des Fußgestells die Zuschriften ent hielten : Wir freuen uns wir danken Gott wir wollen brav sein. Zn der Mitte der linken Stubenseite stand eine Strohhütte, eingefaßt mit einem kleinen Gärtchen: über ihrem Eingang standen die Worte: Der Vater führt uns das ganze Zahr hindurch in die Natur hinaus, dafür bringen wir heute dem Vater die Natur in die Stube herein! dem letzten gleichkam, denn keines brachte solche Versöhnung in die Gefühle der Menschen, die sich zurückgezogen oder gekränkt glaubten. Es war seit langem eine trübe Zeit: Ni e- derers Abgeschlossenheit, Krüsis Zurückziehen in den häuslichen Kreis, und dazu noch Pestalozzis schriftstellerisches Leben brachten eine wahre Verwaisung über die Lehrer; kein Wunder, daß Mutlosigkeit, ja oft Empörung sie ergriff; kein Wunder, daß Glauben, Ver trauen und Gehorsam unter ihnen fehlten. Aber jetzt erschien der herrliche, unvergeßliche Tag und bezeugte, was Du so wahr ausgesprochen: daß ein solches Fest eine neue und wahre Auferstehung der Anstalt sei. Aber man kann auch sagen: in einer Anstalt, wo solche Feste gefeiert werden können, müssen die unzerstörbaren, ewigen Keime der Auferstehung leben." Eine kurze Beschreibung der Feier findet sich in den Pestalozziblättern, Zürich 1883, IV, S. 82—86. Der Verfasser ist nicht genannt.